Querschnitt durch eine Operette für Bläserquintett | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Kurt Schwertsik

Querschnitt durch eine Operette für Bläserquintett

Querschnitt durch eine Operette für Bläserquintett

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3432

Satzbezeichnungen

1. Ouvertüre. Allegro energico

2. Entrée des Tenors. Con tenerezza

3. Couplet des Buffo. Loquace assai

4. Chanson – Duett (Diva & Koloratursoubrette) – 4 1/2 Reminiszenz

5. Entr’acte. Andante semplice

6. Liebesduett. Andante con moto

7. Finale. Sereno

Erläuterungen

2004
KURT SCHWERTSIK
Operetten-Querschnitt (1966)

Wenn ein Wiener einen „Querschnitt durch eine Operette“ schreibt, kann es nicht ohne Ironie abgehen. In seinem Bläserquintett von 1966 hat sich Kurt Schwertsik dieses Ur-Wiener Themas angenommen und es in parodistischer Absicht fünf Bläsern anvertraut. Flöte und Oboe schlüpfen in die Rolle von Soubrette und Diva, das Fagott ins Gewand des eitlen Tenors, das Horn in die Rolle des Buffobaritons. Dabei hat Schwertsik auch den Aufbau einer Operette imitiert: von der Ouvertüre über die Entrées der Männerstimmen und ein Duett zwischen den Frauen bis hin zum Liebesduett, wo auf einmal die Klarinette mit der Oboe turtelt. Fazit: Weder Tenor (Fagott) noch Buffo (Horn) bekommen die Diva. Auf ins Finale! Es ist ein höchst vergnügliches Stück Neue Musik, wie es wohl nur in Wien das Licht der Konzertsäle erblicken konnte.

Streng genommen ist die Operette gar keine Erfindung der Wiener. Sie kamen erst auf den Geschmack, als ihnen die legendäre Marie Geistinger die großen Operettenrollen von Jacques Offenbach vorsang und vorspielte: die schöne Helena, die Großherzogin von Gerolstein und Pericole. Erst als Johann Strauß Sohn sich vom Erfolg Offenbachs inspirieren ließ und selbst Operetten schrieb, schlug die Geburtsstunde der Wiener Operette – der „Goldenen Operette“ der Strauß-Ära, auf die später die „Silberne“ eines Franz Lehár und seiner Zeitgenossen folgte. Kurt Schwertsik dachte bei seiner Parodie wohl eher an letztere.

Der Komponist dieser launigen Musik ist ein waschechter Wiener, Träger des großen Österreichischen Staatspreises und einer der renommiertesten Komponisten der Donaurepublik. Er studierte nach dem Krieg an der Wiener Musikhochschule, zum einen Komposition bei Joseph Marx und Karl Schiske, zum anderen Horn bei Gottfried Freiberg. In den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik erlebte er Pierre Boulez und Bruno Maderna, John Cage und Karlheinz Stockhausen, bei dem er später in Köln studierte. Seinen Lebensunterhalt verdiente er jedoch mit Hornspielen, zunächst im Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester, dann bei den Wiener Symphonikern, denen er 21 Jahre lang treu blieb. Erst 1989 verließ er das Orchester, um an seiner alten Alma Mater, der Wiener Musikhochschule, eine Professur für Komposition anzutreten. Der Avantgarde verschrieb er sich in dem Wiener Ensemble die reihe, das er 1958 gemeinsam mit Friedrich Cerha gründete. Für die leichtere Muse rief er 1965 „Salonkonzerte“ ins Leben. Sein Wiener Blut hat Schwertsik nie verleugnet.