Sonata A 4 f-Moll für zwei Violinen, Viola und Basso continuo
Werkverzeichnisnummer: 3387
2004
ALESSANDRO SCARLATTI
Kantaten und Sonata f-Moll
Unbestrittenes Haupt des römischen Musiklebens in Händels italienischen Jugendjahren war Alessandro Scarlatti. Der Sizilianer, der mit Mitte vierzig als der berühmteste Opernkomponist Italiens galt, war schon als Jugendlicher nach Rom gekommen. 1678 hatte er unter dem Schutz der Exilkönigin Christina von Schweden seinen sensationellen Durchbruch als Opernkomponist gefeiert – als gerade mal 18jähriger. Unübersehbar ist die Parallele zu Händels eigenem Sensationserfolg in der Ewigen Stadt 30 Jahre später. Nach 20 Jahren auf dem sicheren Kapellmeisterstuhl des Vizekönigs von Neapel verschlug der Spanische Erbfolgekrieg Scarlatti 1703 erneut an den Tiber und in die Häuser seiner früheren Mäzene. Kardinal Ottoboni nahm den heimatlosen Komponisten und seine große Familie – darunter den Sohn Domenico – in seinen Palazzo auf, verschaffte Scarlatti Posten als Kapellmeister an der Chiesa Nuova und an S. Maria Maggiore und profitierte vom Genie seines Schützlings für die eigenen Akademien. Als Opernkomponist war Scarlatti in Rom arbeitslos, hatten die Päpste doch die Oper zu jener Zeit verboten – ein Sühneopfer für mehrere Erdbeben, die gefährlich nahe an die Tore der Ewigen Stadt herangekommen waren und als göttlicher Fingerzeig auf den gährenden Sittenverfall gedeutet wurden. Statt der unsittlichen Opern gab man folglich sittsame Oratorien und sublimiert erotische Kantaten. Von ersteren schrieb Scarlatti in Rom mehr als ein Dutzend, von letzteren mehr als 100.
Ferma, omai, fugace e bella pastorella variiert das alte Thema des verliebten Hirten, dessen schmachtende Worte von seiner schönen Schäferin noch nicht erhört wurden. Er gibt die Hoffnung nicht auf, obwohl sie vor ihm schon die Flucht ergreift. Die erste Arie beschreibt in fast szenischer Weise, wie sie immer wieder vor ihm ausweicht (Sechzehntel der Violinen), während er ihr ständig sein „Ferma“ – „Halt ein“ zuruft. Scarlatti gab sich hier galant-kantabel, nur in den Seufzern des Mittelteils leuchten kurz seine chromatischen Neigungen auf. Im zentralen Rezitativ setzen die Streicher zu einer kurzen, duftigen Zeichnung des murmelnden Baches ein. In der Schlussarie vermischte Scarlatti auf eigenwillige Weise Tanzschritt und lamentable Chromatik. Im Dezember 1724, wenige Monate vor seinem Tod komponiert, gehört die Kantate zu seinen letzten Werken. Noch immer hielt Kardinal Ottoboni demals seinem Schützling die Treue, dem er auch post mortem alle Ehren erwies.
L’armi crudeli e fiere gehört zu Scarlattis buchstäblich zahllosen Kantaten für Alt und Basso continuo, Miniaturen, die er an einem Sommertag am Albaner See oder an einem Abend im Garten der Arkadier leicht aufs Papier warf. Von den grausamen Waffen der Liebe ist hier die Rede – eine Litanei der sinnlichen Verführung und ihrer Wirkungen.
Einen ganz anderen Scarlatti, den Meister des strengen Kontrapunkts und der berückenden Vorhalte, offenbart das f-Moll-Quartett für Streicher, das zu einem in London gedruckten Zyklus von Sonate à 4 gehört.