“63 : Dream Palace” (“Traumpalast 63”), Oper nach einer Novelle von James Purdy. Textbuch und deutsche Fassung von H.-J. von Bose.
Werkverzeichnisnummer: 335
Über die 1990 in München uraufgeführte Oper 63 : Dream Palace sagt der Komponist: “Diese Oper handelt zuallererst und zunächt kaum glaubbar von Liebe. Natürlich auch von todtraurigen Dingen, die trotz oder wegen dieser Liebe geschehen, aber in erster Linie eben doch von der Sehnsucht.
Es ist die Geschichte der beiden Brüder Fenton und Claire, etwa 19 und 8 Jahre alt, die – zu Vollweisen geworden – vom bis dahin unschuldigen Leben aufdem Lande nun ins große, mörderische, undurchschaubare Chicago kommen. Fenton liebt seinen kleinen Bruder, der ihm seinerseits völlig ergeben ist, sehr, empfindet ihn und die Erinnerung an das alte Zuhause und die vergangenen, glücklichen Lebensumstände, die Claire repräsentiert, aber andererseits als unerträglich belastend für einen Neuanfang. Fenton fühlt, daß er mit diesem Neuanfang auch seine Unschuld verlieren wird, die für den kleinen, sehr religiösen Bruder unverzichtbar ist. Hin- und hergerissen zwischen dem Überlebenswillen, der ihn seltsame, nächtliche Bekanntschaften schließen läßt, und dem Beharren in Integrität in des Wortes tiefster Bedeutung, begeht Fenton eine schreckliche Kurzschlußhandlung.
Gebeten um eine kurze Stellungnahme zur musikalischen Seite, möchte ich sagen, daß die Lektüre dieses Buches und anderer Werke Purdys mich dazu geführt hat, wichtige ästhetische Positionen neu zu überdenken, wofür ich im Nachhinein sehr dankbar bin. Während des letzten Jahres hatte ich mich sehr intensiv – wahrscheinlich zu intensiv – mit konstruktiven Problemen der hermetischen Ästhetik der Neuen Musik beschäftigt, was bis hin zu einer nachhaltigen Irritation meiner Arbeitsweise führte. Dieser Stoff löste nun eine Art Sturzflut sehr persönlicher, sich sofort musikalisch unkontrolliert konkretisierender Empfindungen und Ideen aus, forderte mich zur Beschäftigung mit von mir bis dahin völlig vernachlässigten Gebieten wie Jazz und Rockmusik heraus und schüttelte, kurz gesagt, mein bisheriges musikalisches Weltbild auf eine – wie ich glaube und hoffe – sehr produktive Weise durcheinander.”