"La guerre" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Clement Janequin

"La guerre"

„La guerre“

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3314

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

2004
KRIEG AUF FRANZÖSISCH

Im Tal der Loire kam im frühen 16. Jahrhundert ein musikalisches Kind zur Welt, das – natürlich weiblich – die Franzosen mehr delektierte als jede andere Musik: die Chanson.
Ja, Sie haben richtig gelesen: die Chanson, nicht das Chanson vertritt Frankreich in unserem kleinen Grand Prix des heutigen Abends. Zur Abgrenzung vom französischen Liebeslied des 20. Jahrhunderts nennt man das des 16. in Deutschland „die“ Chanson. Statt von der rauchigen Stimme einer Chansonniere wird es vom vierstimmigen Vokalensemble gesungen. Doch obwohl Juliette Gréco selten so weit in den Bereich expliziter Erotik vorgestoßen sein dürfte wie die Chansonschöpfer des 16. Jahrhunderts, ist ihr Lieblingsthema – l’amour – auch das ihrer Vorgänger aus der Renaissance gewesen.

Clément Janequin wurde durch seine über 400 Chansons zum berühmtesten Repräsentanten des Genres, und zwar in allen seinen Ausprägungen vom ernsten Liebeslied bis zur Chanson grivoise, der schlüpfrigen Form erotischer Erzählungen, wie sie die Franzosen liebten und lieben. Dieses leichte Genre wird in unserem Programm vertreten durch Il est bel et bon von Pierre Passereau. Typisch für die Chanson grivoise ist der Wechsel zwischen imitatorischen Passagen über kurze, prägnante Motive, simplen, akkordischen Stellen im Dreiertakt und plapperndem Parlando.

Es gibt noch eine andere, für Janequin typische Form der Chanson: „die langen erzählenden Chansons, für die er heute am bekanntesten ist. In diesem Zyklus von Werken, u.a. La guerre, La chasse, Le chant des oiseaux, Les cris de Paris, Le caquet des femmes, griff er Themen auf, die es ihm erlaubten, lautmalerische Mittel in virtuoser Weise einzusetzen: eine Schlacht, die Jagd, Vogelrufe, Marktgeschrei und das Tratschen der Frauen“. Die Laut- und Tonmalerei mit Singstimmen wird hier an eine kaum zu überbietende Grenze der Virtuosität geführt. Janequins Schlachtengemälde steht den berühmten orchestralen Beispielen dieses Genres von Biber, Beethoven, Tschaikowsky u.a. an Drastik kaum nach, doch jeder dieser Klänge kommt aus einer menschlichen Kehle.