"Cantari alla Madrigalesca" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Gianfrancesco Malipiero

"Cantari alla Madrigalesca"

„Cantari alla Madrigalesca“

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3295

Satzbezeichnungen

1. Allegro moderato

2. Allegro energico

3. Lento

4. Allegro

5. Lento

6. Tempo I

Erläuterungen

2004
GIANFRANCESCO MALIPIERO
Cantari alla madrigalesca

Giuseppe Verdis Meinung, das Streichquartett sei in Italien eine „pianta fuori clima“, eine Pflanze außerhalb ihres natürlichen Klimas, teilten Gott sei Dank nicht alle italienischen Komponisten. Neben Gaetano Donizetti und Ottorino Respighi hat sich als dritter großer Italiener Gianfrancesco Malipiero intensiv mit dem Streichquartett beschäftigt. Unter seinen acht Quartetten ragt das dritte von 1931 als besonders abwechslungsreiches, klanglich wie rhythmisch scharf profiliertes Werk hervor. Malipiero setzte sich hier das Ziel, die Kunst des Madrigals der Renaissance mit dem Streichquartett zu vermählen. Nichts anderes besagt der Titel Cantari alla madrigalesca: „Gesänge im Madrigalstil“.

Malipiero war wie Vivaldi ein waschechter Venezianer, doch nicht aus dem Kleinbürgertum, sondern aus dem Patriziat. Neben dieser adligen Herkunft spiegelt sich in seinem 3. Streichquartett auch der Musikhistoriker Malipiero wider: Ab 1926 arbeitete er an der ersten und bis heute gültigen Gesamtausgabe der Werke Claudio Monteverdis. In den acht Madrigalbüchern des Komponisten aus Cremona, der 1643 als Kapellmeister an S. Marco in Venedig starb, fand Malipiero die entscheidende Anregung für sein „madrigaleskes“ Quartett.

Wie ein echtes Madrigal ist das Quartett einsätzig, allerdings mit zahlreichen Wechseln im Tempo und damit auch im „Affekt“. Es beginnt mit einem kadenzartigen Solo der ersten Violine, die in Doppelgriffen und scharf gezackten, punktierten Rhythmen das Thema des Allegros vorwegnimmt. Im tänzerischen Rhythmus dieses Anfangs klingt von fern die Corrente an, ein Tanz der Monteverdizeit. Madrigalesk sind auch die Imitationen: das Cello übernimmt den Beginn der Geige, immer wieder folgen die Unter- den Oberstimmen in kleinen Imitationen. Pizzicati, Portamenti und Flageoletts verleihen dem Klang eine bizarre Note. In einem Allegro energico werden die Akzente aggressiver, in einem eingeschobenen Lento dagegen weicher, fast träumerisch. Und so schreitet die Entwicklung voran – hin- und hergerissen zwischen ruhigen Einschüben und rasenden Läufen, martialischen Repetitionen und feierlichen Momenten.

Als kleine Ergänzung sei angefügt, dass unsere Musiker ihre Vivaldikonzerte ebenfalls aus Stimmen spielen, die von Malipiero herausgegeben wurden. Neben seine Pioniertat der Monteverdi-Ausgabe setzte er die erste Vivaldi-Ausgabe bei Ricordi.