„Officium breve in memoriam Andreae Szervánszky“, op. 28
Werkverzeichnisnummer: 3254
2003
GYÖRGY KURTÁG
Officium breve
Aphoristische Kürze, wie sie der Titel Officium breve nahelegt, charakterisiert nicht nur dieses Werk von György Kurtág, sondern die gesamte Wesensart des aus Rumänien stammenden ungarischen Komponisten. Sein Schaffen zeigt eine an Anton Webern erinnernde Konzentration auf Mikroformen, die der Musik kleinste Übergänge und knappe Gesten abgewinnt. Dabei verbindet er ungarische Musiksprache mit einer frei gehandhabten seriellen Technik, die sich auch in seinem Officium breve mit dem Duktus einer Hommage verbindet. Das Stück von 1988/89 erinnert gleich an zwei Komponisten, deren Musik Kurtág besonders verehrt und hier zitiert hat: es sind Anton Webern, dessen Kanon aus Opus 31 den kanonischen Mittelteil des Officium bestimmt, und Kurtágs ungarischer Freund Endre Szervánszky (1911-1977), dessen Streicherserenade gegen Ende in zwölf Zitat-Takten anklingt. Als Hommage an Szervánszky ist das Werk denn auch bezeichnet, was den Titel Officium breve, Kurzes Totenoffizium (sprich: Requiem) erklärt.
Das Stück zerfällt bei einer Gesamtlänge von kaum 12 Minuten in 15 Kürzest-Sätze. Es beginnt mit einem Largo des Cellos, gefolgt von einem Più andante und einem Sostenuto, quasi giusto für Viola und Cello. Im folgenden setzt sich immer wieder das Sostenuto, der gehaltene, getragene Klang durch. Den schnellen Mittelblock dagegen leitet eine Fantasie über die Harmonien des Webern-Kanons ein, die im Presto eine Folge weiterer Kanons einleitet (Canon a 4: Molto agitato, Canon à 2, frei nach op. 31/6 von Webern: Sehr fließend). Nach diesem schnellen Intermezzo bereiten zwei langsamere Teile (Lento-Largo) das vollständige Zitat von Weberns Kanon op. 31, 6 vor, der erneut im Tempo sehr fließend ist. Eine weitere Folge von Sostenuto-Sätzen führt zum Schlussteil, einem Arioso interrotto, in dem jene Stelle aus Szervánszkys Streicherserenade zitiert wird. Im versonnenen Larghetto klingt das Stück aus.