„Der Feuerreiter“, Lied auf ein Gedicht von Eduard Mörike
Werkverzeichnisnummer: 3228
2003
LIEDER-RAUSCH
„Ich rase wie ein Vulkan.“ Dieser späte Satz von Hugo Wolf, geschrieben in den Anfangsgründen der nie mehr vollendeten Oper Manuel Venegas, beschreibt den Grundzug seines Schaffens: Raserei, Ekstase, Eruption von Musik, die einer Initialzündung bedurfte. Sie kam ungerufen, aus heiterem Himmel und musste erwartet werden. Also lagen zwischen den Höhenflügen des Ekstatischen Phasen totaler Erlahmung und innerer Lehre. Dieser Schaffensrhythmus prägt die Jahre 1887 bis 1897, das Jahrzehnt des Liedgenies Wolf. Seinen Höhepunkt fand es im Schaffensrausch des Jahres 1888/89. Zwischen Februar 1888 und Anfang 1889 schrieb Wolf 116 Lieder – „mehr als die Hälfte des Werkes, auf das sich sein Ruhm heute hauptsächlich stützt“ (Frank Walker).
Einzigartig an Wolfs „Methode“ war die gleichsam erschöpfende Abhandlung jeweils eines einzigen Dichters. Auf Mörike folgte Eichendorff und schließlich im Herbst und Winter Goethe mit neuen Eichendorff-Liedern. Eine Auflistung mag die Dichte der Ereignisse verdeutlichen:
- Mörike: Februar bis Mai 1888 (43 Lieder, später 10 weitere)
- Eichendorff: September 1888 bis Februar 1889 (20 Lieder)
- Goethe: Herbst 1888 bis Februar 1889 (50 Lieder)
Zu den Eichendorff-Liedern bemerkte Frank Walker, dass Wolf sie „in Ferienstimmung“ geschrieben habe. „Die Temperatur seines Inspirationsfiebers war deutlich niedriger als im Falle des Mörikebandes; die Lieder sind insgesamt distanzierter und weniger persönlich.“ Auch bescheinigte er ihnen ein gehöriges Maß Humor, etwa in der Charakterisierung des Seemanns, der in todesverachtender Stimmung vom Leben Abschied nimmt, oder des munteren Musikanten. Das ritterlich-edle Lied Der Freund eröffnet die Liederreihe nach der Widmung und kann als Grußadresse an Wolfs Förderer Joseph Schalk verstanden werden. Verschwiegene Liebe gehört zu Wolfs romantischsten Liedern in der Tradition Schumanns. Als Höhepunkt des gesamten Bandes wie unserer Auswahl kann Das Ständchen gelten. Frank Walker nannte es eines von Wolfs „vollkommensten und originellsten Liedern“. Eingebettet in eine Instrumentalbegleitung, die in der linken Hand die Klänge einer Laute imitiert, in der rechten das Ständchen eines jungen Liebhabers vor dem Fenster seiner Geliebten, drückt die Singstimme in frei-deklamierten Kontrapunkten das melancholische Nachsinnen eines alten Mannes aus, der an die Ständchen seiner eigenen Jugend zurückdenkt.