Variationen über ein Wiener Heurigenmelodie, op. 9
Werkverzeichnisnummer: 3210
2003:
HANS GÁL
Variationen, op. 9
Von Fuchsens alpinen Panoramen führt uns die zweite Musik zurück in die Beisln der Hauptstadt, genauer: in jene Ausflugslokale in Grinzing, die heute dem touristischen Massenansturm zum Heurigen standhalten müssen. Rudimente der alten Wiener Heurigenmusik sind auch heute noch zu hören, doch das Schrammeln, dem sich selbst ein Arnold Schönberg mit Begeisterung hingab, ist in der ursprünglichen Form heute fast ausgestorben. Der aus einer ungarisch-jüdischen Arztfamilie stammende Hans Gál hat der Heurigenmusik Wiens ein rührendes Denkmal gesetzt: seine Variationen Opus 9.
Dieses ebenso leicht verständliche wie köstlich aufgebaute Stück benutzt als Thema eine allseits beliebte Heurigenmelodie, in die sich im Zuge der Variationen Anklänge an einige weitere Lieder, etwa den “lieben Augustin”, einmischen. Das Klaviertrio gehörte zu Gáls ersten gedruckten Werken. Es entstand nach seinem 1. Streichquartett und wurde wie dieses bei Simrock 1921 gedruckt.
Gál wuchs im Wien Schönbergs und Mahlers auf, doch seine Variationen huldigen der Epoche von Brahms, dem er als Musiker und Musikwissenschaftler manchen Tribut zollte. Man kennt seinen Namen heute noch im allgemeinen durch seine Brahmsbiographie, und auch als Herausgeber der ersten Brahms-Gesamtausgabe hat er sich verdient gemacht. Den Mainzern sollte der Name mehr sagen, denn Gál wirkte 1929-33 als Direktor des Mainzer Konservatoriums, bis ihn die Machtergreifung Hitlers zur Emigration zwang. In seiner Wahlheimat Edinburgh entsprach zwar der wienerische Stil seiner Musik kaum dem britischen Geschmack, als Musikerpersönlichkeit aber prägte Gál nachhaltig das Kulturleben Schottlands, u.a. durch sein Zutun zur Gründung des Edinburgh Festivals.