Sonate Nr. 2 e-Moll für Violoncello und Klavier, op. 87
Werkverzeichnisnummer: 3208
1. Allegro ma non troppo
2. Andante sostenuto
3. Molto Allegro e con fuoco
2003
2. Cellosonate e-Moll, op. 87
Nach dem F-Dur-Violinkonzert, op. 86, von 1913 gab Gernsheim kein Werk mehr zum Druck. Seine letzten Stücke sind Manuskript geblieben, obwohl ihnen der Komponist bereits Opuszahlen für die bevorstehende Veröffentlichung verlieh. Es handelt sich um den Liederzyklus Liebesgedichte nach Ricarda Huch und drei kammermusikalische Spätwerke von höchster Qualität: die 2. Cellosonate e-Moll, op. 87, das Streichquintett mit zwei Celli Es-Dur, op. 89, und das Streichtrio. Ihre Originalhandschriften gelangten mit dem Nachlass von Gernsheims Tochter Clara nach Tel-Aviv, wo sie Alexander Hülshoff einsah. Beim Mainzer Musikverlag O & M hat er den Erstdruck der drei Werke in Auftrag gegeben und spielt nun die posthume deutsche Erstaufführung der 2. Cellosonate von Friedrich Gernsheim – fast 90 Jahre nach ihrer Vollendung.
In Tonart und dreisätziger Anlage mutet Gernsheims Sonate wie ein Gegenstück zur e-Moll-Cellosonate von Brahms an. Das halbe Jahrhundert, das zwischen Brahms‘ Opus 38 von 1865 und Gernsheims Opus 87 von 1914 liegt, ist freilich deutlich zu hören. Gleich das Hauptthema des Kopfsatzes, das vom Klavier tranquillo (ruhig) angestimmt wird, weicht in entfernte Tonarten aus, und auch das wundervoll ruhige c-Moll-Seitenthema ist von einem Reichtum der Modulationen getragen, der unmittelbar an Reger erinnert. In der Fin de Siècle-Stimmung und dem kämpferischen Konflikt zwischen Duolen- und Triolenrhythmus bestätigt der Satz Parallelen, die man zwischen Gernsheim und Komponisten wie Edward Elgar, Max Reger oder gar Gustav Mahler gezogen hat.
Breiter Cellogesang in C-Dur und ein zaghaft-seufzendes c-Moll-Thema des Klaviers lösen einander im Andante ab. Der Vorschrift sostenuto (ausgehalten) werden die Melodiebögen im Cello ebenso gerecht wie die ausladenden Arpeggio-Klangflächen des Klaviers. Letztere steigern sich im Mittelteil zu dramatischer Wucht, von Akkordgriffen des Cellos untermalt. Danach kehrt das erste Thema in einer leuchtenden Aureole aus Arepggien wieder. Auch im Finale alternieren zwei gegensätzliche Themen: wellenförmig sich windende Läufe als Hauptthema und ein feierliches G-Dur-Seitenthema, das wie eine letzte Hommage Gernsheims an seinen Freund Brahms wirkt.