Concerto a più Instrumenti, G-Dur, op. 6,5 (ca. 1734)
Werkverzeichnisnummer: 3163
1. Allegro e vivace assai
2. Aria. Adagio cantabile
3. Allegro
2003
E. F. DALL’ABACO
Zwei Concerti aus Opus 6
Norditalien war der nie versiegende Quell für den Import des neuen italienischen Stils nach Mitteleuropa. In unserem Programm sind es ein Bergamaske (Locatelli), ein Veroneser (dall’Abaco) und zwei Venezianer (Ferrandini und Vivaldi), deren Wirkung auf die deutschen Höfe des Rokoko belegt ist. Alle drei Städte waren venzianisch beherrscht. Man hat es also mit einem einheitlichen Stilbild zu tun. Der älteste Komponist der Gruppe war dall’Abaco.
An seiner Lebensgeschichte wie an seinen Werken erstaunt die ungeheure Wandlungsfähigkeit. Sie wurde dem Maestro aufgezwungen, denn nach Anfängen am Fürstenhof in Modena und ersten ruhigen Jahren am glanzvollen Hof des bayerischen Kurfürsten Max Emanuel zog es diesen in die Abenteuer des Spanischen Erbfolgekriegs hinein. Hochfliegende dynastische Versprechungen des Sonnenkönigs verleiteten ihn zur Allianz mit Frankreich. Prinz Eugen vereitelte die Pläne, besiegte die Bayern und vertrieb den geächteten Kufürsten 1704 aus seiner Hauptstadt. 10 Jahre begleitete ihn sein Hofcellist dall’Abaco durch immer neue Exil-Residenzen in Belgien und Frankreich: Brüssel, Luxemburg, Mons, dann auch Versailles. Dort konnte dall’Abaco als einer der wenigen Italiener seiner Generation den französischen Stil aus nächster Nähe studieren.
Für seine stilistische Entwicklung hatte dies Folgen. Von den drei Opera mit Concerti grossi, die er publiziert hat, stehen die ersten (Opus 2 von 1712) noch ganz im Zeichen Corellis und des italienischen Stils. Die zweiten (Opus 5 von 1719) nähern sich Telemann in der Vorliebe für französische Suitensätze und zitieren sogar Elemente der Pariser Opern. Versöhnt hat dall’Abaco diese Gegensätze in seinem dritten Concerto-Zyklus, dem Opus 6. Hier stehen qucklebendige Chaconne-Sätze direkt neben reinsten italienischen Sequenzen, singende Adagios neben Menuetten.
Dall’Abaco lies diese bezaubernden Spätwerke um 1734 mit einer Widmung an Kurfürst Clemens August von Köln drucken. Dieser Wittelsbacher-Fürst war bekanntlich der Sohn des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern und Bruder des späteren Kaisers Karl VII. Er war ein dem Rokoko gegenüber mehr als aufgeschlossener Fürst, wie sein Umbau von Schloss Brühl durch Cuvilliés und Neumann beweist. Das klingende Pendant zur Architektur von Brühl sind dall’Abacos späte Concerti. Sie belegen nicht nur, dass es Concerto in Köln schon lange vor Concerto Köln gab, sondern sind auch wunderbar lebendige Beispiel für den neuen melodiösen Stil, den man etwas unscharf den “galanten Stil” nennt.
Im E-Dur-Konzert, das unser Programm eröffnet, folgt auf ein vivaldeskes Kopfmotiv eine rauschende Streicherklangfläche über Trommelbässen, ganz dem neuen Sinfoniestil in Italien verpflichtet. Der Mittelsatz ahmt als Aria den Duktus einer Opernarie nach, während das Finale zu munter plätschernden Klangkaskaden zurückkehrt, bei tänzerischem Rhythmus.
Noch schöner die Eröffnung des G-Dur-Concerto, das bei uns nach der Pause erklingt: eine galante Geste, wie von einer Porzellanfigur des Rokoko vorgetragen, eröffnet einen durchweg singenden, taghellen Satz. Darauf folgen eine melancholische Siciliana und eine Bourrée en Rondeau, ein schneller französischer Tanzsatz, allerdings in italienischer Maskierung.