Konzert d-Moll für Violoncello, Streicher und Basso continuo, RV 407
Werkverzeichnisnummer: 3161
1. Allegro
2. Largo
3. Allegro
2003
ANTONIO VIVALDI
Cellokonzert d-Moll
Silke Leopold, ihres Zeichens Deutschlands führende Musikwissenschaftlerin, meinte in einer Vorbesprechung zu diesem Wochenende, es würde wohl schwerfallen, einen Bezug zwischen Vivaldi und dem „Klang der Aufklärung“ herzustellen. Schließlich gilt der Venezianer als einer der Barockkomponisten schlechthin. Sie hat nicht bedacht, dass Vivaldi einer der Hauptverantwortlichen dafür war, dass sich Trommelbässe, rauschende Sequenzen und einfache, periodische Melodien in der Streichermusik auch nördlich der Alpen durchsetzten. Die Prinzen der zukünftigen Herrschergeneration verfielen bei ihren Kavalierstouren in die Lagunenstadt scharenweise dem betörenden Klang des Vivaldi-Orchesters, das ja das Mädchen-orchester des Ospedale della Pietà war. Als Geigenprofessor dieser treuen Waisenmädchen, die seine erstklassigen Interpretinnen wurden, als Geigensolist und Komponist hat Vivaldi dem „Klang der Aufklärung“ auf seine Weise den Weg geebnet.
Im Norden sammelte man seine Musik regelrecht. Man engagierte Agenten in Venedig, die bei ihm Concerti zu meist überhöhten Preisen und unter zweifelhaften Exklusivitätsgarantien kauften. Denn der „Pastor Rotschopf“, il Prete rosso, wie er in ganz Venedig hieß, war geschäftstüchtig. Zu seinen Kunden in Deutschland gehörten auch zwei Mitglieder des mainfränkischen Grafengeschlechts von Schönborn: der Würzburger Fürstbischof Johann Philipp Franz, der erste Bauherr der Würzburger Residenz, und sein Cello spielender Bruder Rudolph Franz Erwein. Wie diese beiden für ihre Kirchen und Schlösser die modernsten Künstler einkauften, um den Übergang zum Rokoko auch in Franken einzuleiten, so haben sie sich in Venedig „rare compositiones des Vivaldi“ besorgt – klingende Souvenirs vom Stilwandel in Italien. Das d-Moll-Cellokonzert, RV 407, gehört zu den 20 Cellokonzerten, die in der Sammlung der Schönborns im kleinen Städtchen Wiesentheid zwischen Würzburg und Nürnberg überliefert sind. Es ist ein durchaus barockes Werk, doch kündigt sich in den rauschenden Klangflächen des Kopfsatzes und der galanten Melodik des Mittelsatzes bereits der neue Stil an. Briefe der beiden Schönborn-Brüder belegen übrigens, wie sie sich an Aufführungen dieser Musik etwa bei Schiffahrten auf dem Main vergnügten – sehr zum Missfallen ihres gestrengen und unmusikalischen Onkels Lothar Franz in Mainz.