Sonate (1963) „Helga und Klaus Storck gewidmet“
Werkverzeichnisnummer: 3136
1. Fantasie
2. Burleske
3. Nocturno
4. Finale
2003
Genzmer-Sonate
In den meisten Kammermusikführern der Gegenwart klafft zwischen Geminiani und Giuliani sozusagen demonstrativ eine Lücke: das reiche Schaffen Harald Genzmers wird verschwiegen. Seine Sonaten für verschiedene Instrumente scheinen so sehr traditionellen Bahnen verhaftet, so unzeitgenäß vor dem Hintergrund der Nachkriegs-Avantgarde, dass man sie heute geflissentlich unter den Tisch kehrt.
In älteren Handbüchern ist das noch anders. Walter Georgii berichtete in Klaviermusik (zuerst 1942 erschienen) von Genzmers Beitrag zur Wiederbelebung der Sonate und nennt ihn einen Komponisten, der „über den Verdacht erhaben“ sei, „zu den Reaktionären zu zählen“. Ähnlich verständnisvoll und ohne kritischen Unterton äußerte sich Otto Schumann 1963. Über den „Hindemith-Schüler Genzmer“ schrieb er, seine Musik verrate stets die „handwerksmeisterliche Schulung durch den Lehrer“. Er habe jedoch „längst seinen eigenen Weg gefunden, einen Weg, den ihm seine still-beschauliche Natur vorschreibt. Viele Gebiete der Musik … hat er mit Gebrauchsmusik bereichert; wobei unter Gebrauchsmusik eine Musik von Range zu verstehen ist, deren der Spieler von heute bedarf.“
Paul Hindemith war der Leitstern jener frühen Epoche und des jungen Genzmer. 1909 in der Nähe von Bremen geboren, studierte Genzmer bei ihm 1928-34 an der Berliner Musikhochschule und verinnerlichte die Pädagogik seines Lehrers ebenso wie seine stilistischen Maximen. Nach einem Abstecher in die Oper (1934-37 war er Studienleiter der Breslauer Oper) wurde Genzmer selbst Pädagoge: an der Berliner Volksmusikschule unterrichtete er 1938-45 vorwiegend Laien. In der Stunde Null des deutschen Musiklebens gehörte er zu den Gründervätern, die den Wiederaufbau vorantrieben: 1946 Professor an der neu gegründeten Freiburger Musikhochschule, ab 1957 dann an der Musikhochschule München. An beiden Instituten hat er eine Gruppe nahmhafter Schüler unterrichtet.
Genzmers Schaffen bewegt sich in hindemithschen Bahnen. Er schrieb Solokonzerte und Sonaten für zahlreiche Orchesterinstrumente vom Trautonium bis zum Schlagzeug, von der Flöte über die Streichinstrumente bis zur Orgel. Die Kammermusik ist zwischen Nonett und Streichquartetten vielfältig, wenn auch traditionell aufgefächert. Symphonien, Suiten und Divertimenti für Orchester, die erwähnten Sonaten, Préludes und Studien für Klavier geben seinem Oeuvre einen konservativen Anstrich. Das Schlagwort „Spielmusik“ wird all jenen einleuchten, die schon einmal ein Genzmerwerk auf Flöte oder Klavier traktierten. Die Sonate für Cello und Klavier stammt aus dem Jahre 1963.