Trio, op. 70 (1950)
Werkverzeichnisnummer: 3121
1. Allegro
2. Andante
3. Allegro molto – Presto
2003
RAPHAEL
Trio, op. 70 (1950)
Der deutsche Komponist Günter Raphael, Lehrer von Volker David Kirchner und anderen prominenten Zeitgenossen, ist heute in Vergessenheit geraten. Die im besten Sinne ausgereifte Moderne des Robert-Kahn-Schülers, dessen Musik die Nazis verboten hatten, blieb in den 50er Jahren von der Avantgarde isoliert. Sein Trio Opus 70 von 1950 zeigt einen Hindemith nahestehenden Stil. Der Kopfsatz beruht auf zwei Motiven: einer Art Habanera-Bass, der zu Beginn in der linken Hand des Klaviers und im Cello zu hören ist, und nachschlagenden Achteln in der Klarinette. Aus diesen Keimzellen entwickelt sich das motorische Hauptthema, das wie eine Rossini-Ouvertüre modern verjazzt anmutet. Ein wirkungsvolles Cellosolo leitet zum Seitenthema über, das durch seinen Dreiachtel-Auftakt und die Zweierbindungen klares Profil erhält. In Sonatenform mit Durchführung und Reprise werden die beiden Themen verarbeitet, bis der Habanera-Bass den Satz im Piano beschließt.
Das Andante beruht auf einer ebenso einfachen wie schlüssigen Rollenverteilung: Klarinette und Cello spielen in Oktaven ein gesanglich-archaisches Thema. Das Klavier tritt später mit Arabesken hinzu. Der Kontrast löst sich erst
gegen Ende auf. Das Finale beginnt mit dem Dreiachtelauftakt aus dem ersten Satz und verwandelt ihn in ein Perpetuum mobile von mitreißender Wirkung. Als ruhiger Einschub dient eine Choralmelodie des Klaviers, die sich im Sturm der Ereignisse zum dramatischen Höhepunkt entwickelt.