Drei Klavierstücke, D 946 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Franz Schubert

Drei Klavierstücke, D 946

Drei Klavierstücke, D 946

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3105

Satzbezeichnungen

Nr. 1 es-Moll. Allegro assai
Nr. 2 Es-Dur. Allegretto
Nr. 3 C-Dur Allegro

Erläuterungen

2003
FRANZ SCHUBERT
Drei Klavierstücke, D 946

Der ständig unter Geldnot leidende Schubert lebte dank der Unterstützung eines großen und treuen Freundeskreises ab 1818 als freier Künstler in Wien. Er erhielt zu Lebzeiten nur im kleinen Kreis, in den legendären “Schubertiaden” die gebührende Anerkennung. Wenige Monate, nachdem Schubert auf Zureden seiner Freunde Anfang 1 828 sein erstes öffentliches Konzert mit eigenen Kompositionen gegeben hatte, verstarb er im Alter von nur 31 Jahren. Er hinterließ etwa 1200 Kompositionen. Angesichts der Kürze seines Lebens ein gewaltiges Oeuvre.

Die Vielschichtigkeit der Schubert’schen Persönlichkeit und der Eifluss seiner seelischen Verfassung auf seine künstlerische Produktivität ist wie bei keinem anderen Komponisten vor ihm in seinen Werken zu erkennen. Lange Zeit fand man nur bei dem Liedkomponisten Schubert die musikalische Sentimentalität, die “den Aufschrei, die Gemütserregung des menschlichen Herzens” (M.J.E. Brown) unmittelbar in Musik umzusetzen wusste. Mit der zunehmenden editorischen Erschließung jedoch wurden mehr und mehr seine Klavier-, Kammer- und Orchestermusik entdeckt und damit die ungeheuere emotionale Kraft des Instrumentalkomponisten Schubert, insbesondere in seinen späten Werken.

Die Drei Klavierstücke D 946, sind solche bekenntnishaft-intimen Werke aus dem letzten Lebensjahr (1828), in dem Schubert trotz Erkrankung beinahe für jede wichtige Gattung ein Meisterwerk schrieb (die Es-Dur Messe, die späten Klaviersonaten sowie die Heine- und Rellstablieder). Es sind lyrische Stücke, in denen sich ein ungemein komprimierter Ausdruck findet und es klingt paradox: doch nichts hat den Erfolg der Sonaten Schuberts im Nachhinein so behindert wie der Siegeszug seiner “lyrischen” Klavierzyklen, insbesondere der Moments musicaux (1 823-1827) und der Impromptus (1 827), seine wohl meistgespielten Klavierwerke. Die weniger bekannten Drei Klavierstücke können als deren Fortsetzung angesehen werden, in denen der intime Tonfall aus den vorangegangen erklingt.

Über die genauen Entstehungsumstände der Drei Klavierstücke ist nichts bekannt. Auffallend ist an einigen Stellen eine Skizzenhaftigkeit, so als sei Schubert zur endgültigen Überarbeitung der Stücke nicht mehr gekommen, wie es sich auch im Autograph durch Streichungen nachweisen lässt. Wie viele der Schubert’schen Werke wurden auch die Drei Klavierstücke erst posthum herausgegeben. Johannes Brahms veröffentlichte sie 40 Jahre nach ihrer Entstehung 1868 anonym in drei Einzelheften. Ihre zyklischen Aspekte mögen für Brahms offenbar noch keine Rolle gespielt haben.

Das erste Stück Allegro assai in es-Moll ist von düsterer Stimmung, trotz eingeschobener Dur-Aufhellungen und energievoller Steigerungen. Wie auch im zweiten Stück wechseln Tonart, Tempo und Dynamik mehrfach und schildem einen drängenden, immer wieder kurz inne haltenden Schubert, dem keine Zeit mehr blieb.

Das zweite Stück setzt den Zyklus in Es-Dur fort. Es ist ein lose gefügtes Rondo: dem sanglichen Allegretto werden ein im Pianissimo beginnender resignativ wirkender c-Moll-Teil und ein melancholischer as-Moll-Teil gegenübergestellt. Von heftigen Synkopen geprägt sind die Eckteile des letzten Stücks, eines Allegro in C-Dur, das mit nur einem Mittelteil am knappsten gefasst ist. Es erinnert mit seinem wirbelnden Schwung vordergründig an tschechische Musik. Im modulationsreichen Trio-Mittelteil überrascht ein faszinierender Farbwechsel. Die geradezu hypnotische Monotonie des hier angewandten gleichen motorischen Rhythmus wird immer wieder aufgebrochen. So spielt Schubert mit den erzeugten Erwartungen des Hörers und die drei Sätze, die alleine schon ihres Umfangs wegen zu den anspruchsvollsten Werken der Klavierliteratur gehören, bleiben einem kurzweilig in Erinnerung.