Variationen über die Romanze aus der Oper Joseph von Méhul
Werkverzeichnisnummer: 3090
2003
RAPHAEL DRESSLER
Mehul-Variationen
Die Tatsache, dass der reisende Flötenvirtuose Raphael Dressler im Februar 1835 ausgerechnet in Mainz starb, sollte man nicht überbewerten. Die goldene Stadt am Rhein spielte in seiner Biographie nicht die prominenteste Rolle. Geboren wurde Dressler im österreichischen Graz. Ab 1809 wirkte er als erster Flötist im Orchester des Wiener Kärtnertor-theaters, wo er Zeuge der großen Wiener Beethovenaufführungen wurde. Stärker als die Musik des Bonner Meisters hat ihn jedoch augenscheinlich die französische Musik jener Epoche beeindruckt, besonders die Opern von Etienne-Nicolas Méhul (1763-1817). Letzterer schuf mit seinen Bühnenwerken den Prototyp der Revolutionsoper, die auch von Napoleon hoch geschätzt wurde. Der Kaiser erklärte Méhuls 1809 uraufgeführte Oper Joseph und seine Brüder zur besten Oper der vergangenen Dekade. Auch in Deutschland wurde sie dank ihrer “Verknüpfung von religiösem Sujet und exotischem Lokalkolorit” (Andreas Grün) zu einem nachhaltigen Erfolg. Dirigenten wie Carl Maria von Weber oder Richard Wagner brachten sie an die großen Bühnen Deutschlands, und auch in Wien erlebte der Joseph 1809 und 1815 zwei erfolgreiche Produktionen.
In der zweiten von 1815 wirkte Dressler als Flötist mit, und hier holte er sich wohl die Inspiration für seine Variationen. Als Thema wählte er die Romanze aus Méhuls Joseph, in der der Titelheld davon berichtet, wie er von seinen Brüdern verschleppt und verkauft wurde. Die Melodie lässt den gefühlvollen Inhalt erahnen und wurde von Dressler aufs wirkungsvollste für Flöte und Gitarre arrangiert. Die Variationen, die im Verlag Artaria in Wien erschienen, sind für beide Instrumente maßgeschneidert.