Haydn-Variationen | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Joseph Triebensee

Haydn-Variationen

Variazioni in G über ein Thema von Joseph Haydn (aus der Sinfonie Nr. 94)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3025

Satzbezeichnungen

Andante – Variationen

Erläuterungen

Mit 45 Originalwerken und nahezu 80 Opernarrangements rangiert Joseph Triebensee an der ersten Stelle der Wiener „Harmoniemusik“ jener Jahre. Als Oboist war der 1772 im böhmischen Wittingau Geborene der gelehrige Schüler seines Vaters Georg. Dieser hatte als Solo-Oboist des Wiener Opernorchesters in den Uraufführungen von Mozarts „Entführung“, „Figaro“ und „Così fan tutte“ die herrlichen Oboensoli geblasen. Auch sein Sohn Joseph stieg rasch in die höchsten Etagen der Wiener Bläserzunft auf: rechtzeitig zur Uraufführung der „Zauberflöte“ 1791 wurde er zweiter Oboist im Freihaustheater auf der Wieden, 1794 erster Oboist und Kapellmeister des Fürsten Liechtenstein, der wechselweise in Feldsberg und Wien residierte.

In jenen Jahren haben die Wiener Bläser ihren fürstlichen Herrschaften buchstäblich „besonders nahe gestanden“, denn stehend absolvierten sie ihren Dienst als „Harmonie-Tafelmusik“ der hohen Herren. Aus dem ungeheuren Bedarf an bläserischem Klang-Hintergrund zur Hebung fürstlicher Peristaltik erklärt sich die Unzahl der Opernarrangements, die Joseph Triebensee geschrieben hat. Von seinem Dienstantritt im Palais Liechtenstein 1794 bis zu seiner Berufung nach Prag, wo er Carl Maria von Weber 1816 als Operndirektor ablöste, hat er praktisch jede zu Wien uraufgeführte neue Oper für Bläser arrangiert. Seine Bearbeitungen lesen sich wie ein Tagebuch der wichtigen Wiener Opernereignisse – von Mozarts „Figaro“ über Cherubinis „Medea“ bis hin zu Weigls „Schweizerfamilie“. In dieser Musik fand Triebensee genügend Stoff für seine Originalwerke, die aus Serenaden, Märschen, Ländlern und Variationen bestehen. Unter letzteren finden sich als variierte Themen so unterschiedliche Vorlagen wie „O du lieber Augustin“, Haydns Kaiserhymne oder die „Champagnerarie“ aus dem „Don Giovanni“.

Haydns Musik hat den Arrangeur und Komponisten Triebensee besonders herausgefordert. Offenbar war man in Wien begierig zu hören, mit welchen Themen der Altmeister die Londoner verwöhnte, während er in den frühen 1790er Jahren fern von Wien weilte. So hat Triebensee neben der „Oxfordsinfonie“ mehrere „Londoner Sinfonien“ für Oktett arrangiert (selbst die sogenannte „Militärsinfonie“!). Für kleinere Besetzung griff er Variationenthemen aus Haydns Sinfonien auf, wobei er unweigerlich auch auf jenes Thema stieß, dem Haydn in seiner Sinfonie Nr. 94 den notorischen Paukenschlag beigesellte, um die Londoner – angeblich – aus dem Schlafe zu wecken. Fürst Liechtenstein dürfte bei Tische so wach gewesen sein, dass Triebensees Trio-Variationen auf die Pauke gerne verzichten durften – zumal man nicht hätte riskieren wollen, dass Ihro Durchlaucht sich angesichts der Überraschung etwa verschlucken könnte.