Streichtrio | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Volker David Kirchner

Streichtrio

Trio für Violine, Viola und Violoncello (1999/2000)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3010

Satzbezeichnungen

1. Trauma

2. L’alphabet du diable

3. Schemen

Erläuterungen

2002
VOLKER DAVID KIRCHNER
Streichtrio (1999/2002)

Werke von Volker David Kirchner haben die Dozenten der Villa Musica schon oft auf ihre Programme gesetzt. Dies geschah nicht etwa, wie Außenstehende mitunter vermuteten, weil Kirchner dem künstlerischen Beirat der Villa Musica angehört und auch in der Villa Musica in Mainz komponiert, sondern aus purer Liebe zu seiner Musik. Für Martin Ostertag, Nicolas Chumachenco, Enrique Santiago und die anderen ist die Uraufführung von Kirchner-Werken ein persönliches Bekenntnis zu seinem Stil. In ihrer ur-streicherischen Machart – Kirchner gehörte früher zu den besten Bratschisten in Deutschland -, in ihrer Expressivität und der tiefschürfenden Materialverarbeitung, die oft bei Zitaten aus der Musikgeschichte anknüpft, spricht seine Musik den Streichern der Villa Musica gleichsam aus dem Herzen.

Als Nachtrag zu seinem 60. Geburtstag im Mai diesen Jahres spielen sie nun die rheinland-pfälzische Erstaufführung seines Streichtrios aus dem Jahre 1999. Es wurde im April 2002 beim SWR in Baden-Baden uraufgeführt, und zwar vom Trio Echnaton, einem ehemaligen Stipendiatentrio der Villa Musica, dem Kirchner das Werk auch widmete. Seine drei Sätze tragen – wie fast immer in Kirchners Instrumentalmusik – Titel: Trauma, L´alphabet du diable, Schemen. Es handelt sich um Begriffe, die auf Prägungen, Zeichen und Spuren verweisen, die zentralen Themen von Kirchners neueren Werken. Der Komponist erläuterte Titel und Inhalt folgendermaßen:

„Der erste Satz, „Trauma“, bezieht sich auf eine traumatische Prägung von musikalischem Material. Es ist ein Klang, der sich bewegt. Am Anfang könnte man den Eindruck haben, er erinnere an Mahler, und zwar an das Adagio der Neunten, die langsamen modalen Skalen nach den Zusammenbrüchen in diesem Satz, doch es geht dann doch sehr weit davon weg. Ganz kurz scheint etwas von Schönberg auf, doch es ist nirgends dingfest zu machen wie in anderen Stücken von mir, wo die Anklänge deutlich sind. Hier handelt es sich nur um Schemen. Dazu gehören auch mittelalterliche Elemente im Kirchenton. Das Schwebende, das in diesen Abschnitten steckt, wird aufgebrochen und führt zu Ausbrüchen. Über einem Flageolett-Ton des Cellos löst sich ein Zweiunddreißigstelmotv der Bratsche und Geige aus dem Zusammenhang. Es hakt sich fest , baut sich zu wilden Ausbrüchen auf und sinkt dann wieder ins Pianissimo zurück. Diese Momente haben fast etwas Monomanes an sich.
Der Mittelsatz, ‚L´alphabet du diable‘ (Das Alphabet des Teufels), ist ein hoch virtuoser Satz, der den Spielern extrem viel abverlangt. Der Titel bezieht sich auf die Tonbuchstaben in dem Wort „Shetan“, was Satan bedeutet, aber auch in dem Wort „Hetera“, Hure. Daraus ergibt sich etwa die Zweitonfolge Es-A, die immer wiederkehrt und die ja auch als Tritonus der Diabolus in musica ist. Alle Teufeleien, die es in der Musik gibt, werden in diesem Satz angewandt: das Material wird gespreizt, zerhackt, zerrissen usw.

Das Finale mit dem Titel „Schemen“ hat eine ähnliche Haltung wie der erste Satz, nur ohne dessen extrem schmerzliche Ausbrüche. Auch dieser Satz spielt mit einer Art von spätromantischer melodischer Floskel, die dauernd durch das Stück kreist. Sie ist aber nur wie ein Schatten, eben schemenhaft.“