Klaviersonate c-Moll, op. 111 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Ludwig van Beethoven

Klaviersonate c-Moll, op. 111

Sonate Nr. 32 c-Moll für Klavier, op. 111

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2974

Satzbezeichnungen

1. Maestoso – Allegro con brio ed appassionato

2. Arietta. Adagio molto semplice e cantabile

Erläuterungen

Beethovens letzte Klaviersonate, 1821 während der Arbeit an der Missa solemnis komponiert, bildet den Endpunkt jenes Experimentierens mit der Sonate, das ein Vierteljahrhundert früher mit der f-Moll-Sonate aus Opus 2 begonnen hatte. Opus 111 gehört zu jenen Klavierwerken, die man nicht losgelöst von ihrem Nimbus hören kann. Ihre Aura hat, nicht zuletzt dank der literarischen Rezeption bei Thomas Mann, fast mystische Züge angenommen.

Man hat die Sonate französisch “Sonate testament” genannt, obwohl Beethoven sechs Jahre vor seinem Tod durchaus noch nicht bewusst war, hier schon sein letztes Sonatenopus geschrieben zu haben. Allenfalls aus dem rätselhaften doppelten Namenszug “Ludwig – Ludwig”, den er am Rande des Autographs notierte, könnte man eine Art persönliches Bekenntnis herauslesen. Welcher Art es gewesen sein mag, bleibt rätselhaft.

Obwohl Beethovens Verleger Schlesinger nach Erhalt des Manuskripts die “Schönheiten” des neuen Werkes überschwenglich pries, wunderte er sich docg darüber, dass die Sonate nur aus zwei Sätzen bestand. Schüchtern fragte er bei Beethoven an, “ob das Allegro zufällig beim Notenschreiber vergessen worden”, er vermutete also, die C-Dur- Arietta mit Variationen sei nur der langsame Mittelsatz einer konventionellen dreisätzigen Sonate, deren Finale verloren gegangen sei. Nachdem auch Beethovens Adlatus Schindler die gleiche Frage gestellt hatte, soll der Meister geantwortet haben, er habe keine Zeit gehabt, einen dritten Satz zu schreiben, deshalb sei der zweite so lang geworden. Hinter dem bissigen Humor steckt wohl auch Resignation darüber, wie man den Plan des Werkes so gründlich hat missverstehen können.

Dass der Variationen-Meister Beethoven eben einen solchen Satz ans Ende einer zweisätzigen Sonate stellte, hätte seinen Verleger angesichts der formalen Freiheiten in vielen früheren Sonaten des Komponisten nicht verwundern müssen. Die zweisätzige Form ist ein einziger monumentaler Dualismus: ein c-Moll-Allegro mit instrumental-kontrapunktischen Zügen steht einem C-Dur-Adagio im singenden Stil gegenüber; linear-zielgerichteter Verlauf der Sonatenform auf der einen, fantastisch-freies, die Grenzen auflösendes Variationenprinzip auf der anderen Seite.
Beethoven hat hier eines seiner großen Themen, den Gegensatz zwischen der “Schicksalstonart“c-Moll und ihrem strahlenden Gegenstück C-Dur, in einem ganz anderen “per aspera ad astra” aufgelöst als beispielsweise in der 5. Symphonie. Im ersten Satz findet, nach der kompakten langsamen Einleitung mit ihrem Verharren in punktierten Rhythmen, eine weitgehend kontrapunktische Ausarbeitung des schroffen Mottothemas statt. Es wirkt wie ein Gegenstück zum “schwer gefassten Entschluss” aus Beethovens letztem Streichquartett, op. 135, denn es hat die gleiche Qualität unbedingter Konzentration, wenn es auch viel düsterer auftritt als das Motto im Quartett. Die Stimmführung des Satzes ist ebenso linear, mit zahlreichen Ansätzen zu dreistimmigen Fugati, wie in den späten Quartetten. Der harmonische Verlauf bringt eine langsame Entwicklung von c-Moll nach C-Dur, das am Ende über unablässiger Sechzehntelbewegung der linken Hand ins Pianissimo verklingend erreicht wird.

Der zweite Satz beginnt mit einem betont schlichten, gesanglichen C-Dur-Thema, das im folgenden in fünf Variationen, einem Es-Dur-Durchführungsteil und einer verklingenden Schlussvariation unter primär klanglichen Gesichtspunkten entwickelt wird. Der Name Arietta deutet auf jenen Zug zur Gesangsform hin, den auch die späten Quartette zeigen (Cavatina in op. 130). Hier entsteht aus der “kleinen Arie” eine Welt des Klavierklangs und des transzendenten Ausdrucks, wie sie nie zuvor in Klaviervariationen entwickelt worden war (wenn man vom Ende der Goldbergvariationen Bachs und von Beethovens eigenen Diabelli-Variationen absieht).

-

Beethovens letzte Klaviersonate gehört zu jenen Klavierwerken, deren Nimbus seit der Erstveröffentlichung 1822 fast mystische Züge angenommen hat, nicht zuletzt durch die literarische Rezeption bei Thomas Mann. Man hat sie “Sonate testament” genannt, obwohl Beethoven fünf Jahre vor seinem Tod durchaus nicht bewusst war, hier schon sein letztes Sonatenopus geschrieben zu haben. Allenfalls aus dem rätselhaften doppelten Namenszug “Ludwig – Ludwig” am Rande des Autographs könnte man ein persönliches Bekenntnis schließen.

Der Verleger Schlesinger war zunächst einmal irritiert darüber, dass das Manuskript nur zwei Sätze enthielt. Er fragte, “ob das Allegro zufällig beim Notenschreiber vergessen worden”, er vermutete also, die C-Dur-Arietta mit Variationen sei nur der langsame Mittelsatz einer konventionellen dreisätzigen Sonate. Nachdem auch sein Adlatus Schindler die gleiche Frage gestellt hatte, soll Beethoven geantwortet haben, er habe keine Zeit gehabt, einen dritten Satz zu schreiben, deshalb sei der zweite so lang geworden. Hinter dem bissigen Humor dieser Äußerung steckt wohl auch Resignation darüber, wie man den Plan des Werkes so gründlich missverstehen konnte, obwohl man, wie Schlesinger, gleichzeitig seine “Schönheiten” überschwenglich pries. Dass der Variationen-Meister Beethoven eben einen solchen Satz ans Ende einer Sonate stellte, hätte seinen Verleger nicht verwundern müssen.

Die zweisätzige Form aus Allegro mit langsamer Einleitung und Variationen ist ein einziger monumentaler Dualismus. Im ersten Satz findet, nach der kompakten Einleitung mit ihrem Verharren in punktierten Rhythmen, eine weitgehend kontrapunktische Ausarbeitung des schroffen Mottothemas statt. Es wirkt wie ein Moll-Vorläufer zum “schwer gefassten Entschluss” in Beethovens letztem Streichquartett, op. 135, denn es hat die gleiche Qualität unbedingter Konzentration, wenn es auch viel härter ist als das Motto in Opus 135. Die Stimmfühung des Satzes ist ebenso linear, mit zahlreichen Ansätzen zu dreistimmigen Fugati, wie in den späten Quartetten. Der harmonische Verlauf bringt eine langsame Entwicklung von c-Moll nach C-Dur, das am Ende über unablässiger Sechzehntelbewegung der linken Hand ins Pianissimo verklingend erreicht wird.

Der zweite Satz beginnt in C-Dur mit einem betont schlichten, gesanglichen Thema, das im folgenden in fünf Variationen und einem Es-Dur-Durchführungsteil vor der letzten hauptsächlich klanglich entwickelt wird. Der Name des Themas Arietta deutet auf jenen Zug zur Gesangsform hin, den auch die späten Quartetten enthalten (Cavatina in op. 130), hier entsteht jedoch aus der “kleinen Arie” eine Welt des Klavierklangs und des transzendierenden Ausdrucks, wie sie so noch nie zuvor in Klaviervariationen entwickelt worden war (wenn man vom Ende der Goldbergvariationen und Beethovens Diabelli-Variationen einmal absieht).

Der Gegensatz zwischen c-Moll und C-Dur, ein altes Beethoven-Thema, wird in Opus 111 in einem ganz anderen “per aspera ad astra” aufgelöst als etwa in der 5. Symphonie, wobei Joachim Kasier vielleicht nicht zu spitzfindig hörte, wenn er in der linken Hand der vierten Variation den Beginn des Freude, schöner Götterfunken entdeckt haben will.