Quintett Es-Dur für zwei Violinen, Viola und zwei Violoncelli, op. 47,2
Werkverzeichnisnummer: 295
1. Allegretto con moto
2. Tempo di Minuetto – Trio
3. Adagio
4. Allegro vivo
2000
LUIGI BOCCHERINI
Streichquintett Es-Dur
In der Geschichte des Streichquintetts hat sich neben der „Wiener“ Besetzung mit zwei Bratschen, die Mozart, Beethoven und Brahms verwendeten, auch die seltenere mit zwei Celli behauptet. Man könnte sie mit Fug und Recht die „spanische“ nennen, es war nämlich ein spanisches Ensemble, bestehend aus dem Cello spielenden Italiener Boccherini und dem Streichquartett des Infanten Don Luis, das 1771 diese Besetzung ins Leben rief. Insgesamt 110 Werke dieses Genres hat Boccherini komponiert, deren Bandbreite von kurzen Quintettini bis zu viersätzigen Stücken, von klassischem Tonfall bis zu experimenteller Programm-
musik reicht.
Mithilfe des zweiten Cellos kann sich in Boccherinis Quintetten das erste vom Baß lösen und bis in (teilweise gefährliche) Höhenlagen vorstoßen. Fungiert in der Wiener Besetzung die erste Bratsche als Widerpart zur ersten Violine, so hier das erste Cello, das teils vom Komponisten gespielt wurde, teils vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm II., für den Boccherini von Madrid aus als Hofkomponist arbeitete.
Natürlich ist man versucht, bei demWahl-Spanier Boccherini, der aus Lucca in der Toskana stammte, nach Anklängen an spanische Folklore zu suchen, ähnlich wie in den Cembalosonaten eines Domenico Scarlatti. Man wird jedoch nicht immer fündig. So ist unser Es-Dur-Quintett von Boccherini ein viersätziges Werk, das sich in den Formen und im Tonfall völlig in den Rahmen der sogenannten „Wiener Klassik“ einordnet. Nur am Ende des Menuetts scheint kurz der Fandango-Rhythmus auf, und aus dem c-Moll-Trio könnte man spanische Folklorismen heraushören. Ansonsten begegnet man vertrauten Satzcharakteren.
Auf ein „haydneskes“ Allegretto in Sonatenform folgt zuerst das Menuett, dann der langsame Satz. Ersteres entspricht dem kantablen Typus eines Menuetto galante, letzteres dem expressiven Adagio-Typus im Alla breve-Takt mit weiten, arienhaften Melodiebögen. Das Finale ist ein freies Rondo mit einem Kehrausthema, das nichts spezifisch Mediterranes an sich hat. Allenfalls der Umgang mit gewissen Spielfiguren – Triller im ersten Satz, Synkopen im letzten – könnte von italienischer „Follia“ zeugen.