Adagio aus dem Kammerkonzert
Fassung für Klarinette, Violine und Klavier
Werkverzeichnisnummer: 2879
Zum 50. Geburtstag seines Lehrers Schönberg schrieb Alban Berg 1923/24 sein Kammerkonzert für Klavier und Geige mit 13 Blasinstrumenten. Im musikalischen Material des Werkes, das zu Beginn als „Motto“ vorgestellt wird, sind die Namen Schönbergs und seiner Schüler Berg und Webern durch ihre Tonbuchstaben verschlüsselt: A(rnol)D SCHBE®G – A(nton) (w)EBE – A(l)BA(n) BE(rg).
Das Kammerkonzert ist also nichts Geringeres als ein Denkmal der Wiener Schule an der Schwelle zur Atonalität, wenn auch nicht streng zwölftönig.
In seinem Begleitbrief zu dem Stück sprach Berg davon, hier habe der „Autor seine Brillanz zu zeigen“ versucht. Daraus resultiert eine Dichte der musikalischen Verarbeitung, die das Hören alles andere als erleichtert. Das Kammerkonzert sei, so meinte denn auch Theodor W. Adorno in seiner Einführung, „wie man so sagt, ein harter Brocken… Denn Bergs Musik hat in ihrem Gewebecharakter eine überaus merkwürdige Eigenschaft; eine Art von Unersättlichkeit“. Gleichwohl deutete er einen Weg zum Hörverständnis: über die Tradition der Wiener Klassik. „Berg, wie die ganze Schönbergschule, war nicht umsonst ein Wiener: die Tradition, aus der er kommt, ist schließlich keine andere als die der Wiener Klassik.“ Deren zentrale Technik der durchbrochenen Arbeit, das Wandern der Melodie von Hauptstimme zu Hauptstimme, habe auch Berg in seinem Kammerkonzert aufgegriffen.
In der erst 1957 publizierten Triofassung, die der Komponist 1935 vom Adagio anfertigte, wird dieser Bezug noch deutlicher als im Original. Notgedrungen sei hier auf eine Analyse dieses hochkomplexen, zwölfminütigen Adagios verzichtet und nur der Rat Adornos angeschlossen, „dem Stück angespannte und konzentrierte Aufmerksamkeit zu widmen“. So erschließt sich die „Unersättlichkeit„des Werkes eher, als durch eine Analyse. Nur 40 Jahre nach Brahms‘ c-Moll-Trio weist diese Musik den Weg weit ins 20. Jahrhundert, ohne die Spätromantik eines Brahms hinter sich zu lassen.
2002
ALBAN BERG
Kammerkonzert (1924)
Konzertwerke, die nur von Bläsern begleitet werden, sind in der Musik der 1920er und 18930er Jahre keines Seltenheit. Man denke an das Cellokonzert von Jacques Ibert oder diverse Kammermusiken von Hindemith. Kein Werk für Solisten und Bläser ist jedoch so komplex und so faszinierend wie Alban Bergs Kammerkonzert. Es handelt sich im Grunde um ein Doppelkonzert für Violine und Klavier, das von 13 Bläsern begleitet wird. Alban Berg schrieb es zum 50. Geburtstag seines Lehrers Arnold Schönberg 1924. Der Titel Kammerkonzert ist im eigenartigen Aufbau begründet. Zunächst konzertiert jedes der beiden Soloinstrumente alleine mit den Bläsern: im ersten Satz das Klavier, im Adagio-Mittelsatz die Violine. Zum Doppelkonzert mit zwei Solisten wird das Stück erst im Finale.
Nicht nur in dieser planvollen Steigerung des Konzertprinzips, sondern in der gesamten, dichten Faktur wollte Berg nach eigenem Bekunden „seine Brillanz zeigen“. Die Prinzipien von Konzert und Kammermusik durchdringen sich derart, dass ein kaum noch durchhörbarer Motivteppich entsteht. Selbst Theodor W. Adorno, sonst der hartnäckigste Verfechter analytischen Hörens, schrieb von Bergs Konzert, es sei, „wie man so sagt, ein harter Brocken.“ Seinem Rat, „dem Stück angespannte und konzentrierte Aufmerksamkeit zu widmen“, kann man nur beipflichten.
Das musikalische Material des Konzerts wird zu Beginn als Motto vorgestellt. Berg hat darin die Namen Schönberg, Berg und Webern – den Meister der Wiener Schule und seine zwei prominentesten Schüler – durch ihre Tonbuchstaben verschlüsselt:
A (rnol) D SCH (ön) BE ® G
A (nton) (w) EBE (rn)
A (l) BA (n) BE (rg).
Das Kammerkonzert ist damit nichts Geringeres als ein Denkmal für die Wiener Schule an der Schwelle zur Atonalität. In einem ausführlichen „Begleitbrief“ zu dem Stück versuchte Berg die Verschlüsselung jenes Mottos und die Strukturen deutlich zu machen. Adorno fand in seiner Analyse andere Worte, um die kaum fassliche Dichte des Werkes zu erklären: „Bergs Musik hat in ihrem Gewebecharakter eine überaus merkwürdige Eigenschaft; eine Art von Unersättlichkeit“.
Gleichwohl deutete Adorno einen Weg zum Hörverständnis an: über die Tradition der Wiener Klassik. „Berg, wie die ganze Schönbergschule, war nicht umsonst ein Wiener: die Tradition, aus der er kommt, ist schließlich keine andere als die der Wiener Klassik.“ Deren zentrale Technik der „durchbrochenen Arbeit“, das Wandern der Melodie von Hauptstimme zu Hauptstimme, habe auch Berg in seinem Kammerkonzert aufgegriffen. Den Hörern eröffnen diese verschiedenen Ansätze – das Motto und seine Ausgestaltung, der Bezug zur „durchbrochenen Arbeit“- Wege zu einem Hörverständnis.