Oktett B-Dur | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Max Bruch

Oktett B-Dur

Oktett B-Dur für Streicher

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2838

Satzbezeichnungen

1. Allegro moderato

2. Adagio – Andante con molto di moto

3. Allegro molto

Erläuterungen

Daß sein Name im 20. Jahrhundert nur noch mit “dem” Violinkonzert in Verbindung gebracht werden würde, hat Bruch geahnt. Im Jahre 1907 meinte er über sich im Vergleich zu seinem Zeitgenossen Johannes Brahms: “In nur 50 Jahren wird sein Glanz als der des überragendsten Komponisten aller Zeiten hell erstrahlen, während man sich meiner hauptsächlich nur wegen meines g-Moll-Violinkonzertes erinnern wird.”
Die Konzertprogramme unserer Zeit bestätigen diese Prophezeiung, übergehen damit aber auch manches Werk, das eine breitere Rezeption durchaus verdient hätte, wie z. B. Bruchs Oktett für 1920Streicher, sein letztes Werk. Vollendet im März 1920, sieben Monate vor dem Tod des Komponisten, sollte es erst 76 Jahre später im Druck herauskommen, denn das Manuskript war nach Bruchs Tod durch diverse Hände und dort regelrecht untergegangen. Erst 1986 tauchte es bei einer New Yorker Autographenversteigerung wieder auf. Ein Wiener Sammler erwarb es und vermachte es der Österreichischen Nationalbibliothek, die 1996 die Erstausgabe gestattete.

Thomas Wood, der Herausgeber, edierte es als Konzert für Streichorchester, was von Bruch so zwar nicht intendiert war, aber durchaus dem orchestralen Charakter des Ganzen entspricht. Speziell der erste Satz erinnert in vielen Zügen an die Sinfonien des von Bruch bewunderten Brahms. Daß sein Oktett lange nach dem Ende der spätromantischen Zeit, direkt neben den Werken des frühen Hindemith, des reifen Schönberg, neben Strawinsky und Bartók entstand, ist ihm nicht anzuhören. Hier wird in glühenden Farben eine untergegangene Epoche beschworen, deren klassische Formen hier noch einmal aufleuchten. So hat man es im ersten Satz mit einer spätromantischen Sonatenform mit drei Themen zu tun, von denen das erste in B-Dur ausgesprochen lyrisch, das zweite in D-Dur und das dritte in d-Moll mehr dramatisch angelegt sind. Zu Beginn werden exemplarisch die tiefen und die hohen Streicher einander gegenübergestellt.

Ob man das tragische es-Moll-Adagio mit seinem pochenden Klanggrund – fast eine Art Herzschlag – als Schwanengesang des alten Komponisten deuten soll, ist nicht klar, aber angesichts des romantischen Stimmungsgehaltes wohl nicht verfehlt. Der kontrastierende H-Dur-Andante-Abschnitt besticht durch eine Geigenmelodie von wunderbarer Süße, gemäß Bruchs frühem Bekenntnis, er habe, seit er “zurechnungsfähig” sei, “den Hauptnachdruck auf die Melodik” gelegt (Brief aus Koblenz, 21. 1. 1867). Im kraftvoll tänzerischen Finale stehen eher der Rhythmus und der quasi-orchestrale Klang im Vordergrund.