Kammermusik für neun Instrumente, „Wenn schon die Flügel zerbrochen sind …“ (1990)
Werkverzeichnisnummer: 2837
Annette Schlünz ist eine junge Komponistin aus dem Osten Deutschlands, die in Dessau geboren wurde und heute in Dresden lebt. Sie studierte in Halle bei Hans Jürgen Wenzel, bei Udo Zimmermann in Dresden und Paul-Heinz Dittrich in Berlin.
Ihrer Kammermusik für 9 Instrumente gab sie den Titel „Wenn schon die Flügel zerbrochen sind“ nach einem Gedicht des französischen Lyrikers Pierre Garnier. „Aphoristisch kurze Lyriktexte“ Garniers sind „in die Partitur eingeflochten und nur für die Interpreten bestimmt“. Dennoch seien sie im folgenden mitgeteilt, da sie im Lauf des Stückes als „musikalisierte Sprache direkt bestimmte Klangverbindungen evozieren“. Die Interpreten sollen „an diesem Transformationsprozeß teilhaben“ und sich „stimuliert fühlen“:
ICH HABE KEINE HEIMAT
NUR DIE SPUR DES VOGELFLUGS
DER SICH ZU WÄLDERN SENKT
IN DER NACHT NAH MEINEM AUG‘
FLIEGT EIN VOGEL
WIE SEIDENFADEN.
IST NICHT AUCH HIER
WELTANFANG?
DER TOD IST SO STILL AUF
HOHER SEE
WELCHE ANTWORT MEINER ZUKUNFT
KNOCHEN STEIN NERV STAUB?
ICH WEISS LANGE NOCH FLIEGT ES
WENN SCHON DIE FLÜGEL ZERBROCHEN SIND.
Zum Aufbau des viertelstündigen Werkes vermerkt die Einführung folgendes: „Obwohl mit der Solo-Violine ein Solo-Instrument nominiert wird, dessen drei kadenzähnliche ‚Auftritte‘ Zäsuren schaffen, und meditative Inseln im Stimmengeflecht bilden, ist die Kammermusik nicht als Konzertstück angelegt. Die einzelnen Instrumente gehen vielmehr eine Vielzahl kommunikativer Verbindungen ein, wodurch die 203 Takte der Komposition zu einem Komprimat zeitgenössischer Musiziermuster gerinnen.“