Kantate für Bass und Basso continuo „Dalla guerra amorosa“
Werkverzeichnisnummer: 2819
Quittungen über „ein Bett für Monsieur Händel“, über Essen für „Monsu Endel und seinen Begleiter“ sowie über Unmengen von Eis, die der „Sachse“ verzehrt haben muß, sind, neben den Abschriften Händelscher Kantaten, die wichtigsten Dokumente, die uns über Händels Aufenthalt in Rom 1707/08 erhalten blieben. Händel liebte Rom, soviel läßt sich sagen. Nachdem er, aus Florenz kommend, im Februar 1707 sein Debüt in der „Chiesa di S. Giovanni“ gegeben hatte, fand er sofort Anklang bei den Großen und Reichen der Stadt. Dank der Freigebigkeit des Marchese Ruspoli und des Kardinals Pamphilj verfügte er bald über eine eigene Kutsche, standesgemäße Räumlichkeiten in ihren Palazzi und Dienerschaft. Als Gegenleistung erwartete man
lediglich die Komposition einer neuen Kantate pro Woche – von dem ein oder anderen Beitrag des Lutheraners zur römisch-katholischen Kirchen- und Oratorienmusik abgesehen.
Händel lieferte all dies zur größten Zufriedenheit seiner Gönner ab, lernte von Corelli und Scarlatti, die er in Rom traf, und legte sich in den menschenleeren Gängen der weitläufigen Palazzi in aller Ruhe einen Vorrat von Melodien an, die ihn sein ganzes späteres, weit hektischeres Leben begleiten sollten. Einige dieser Melodien, die dem Genie des 22jährigen ein überwältigendes Zeugnis ausstellen, lernen wir kennen, und zwar in seiner Baßkantate Della guerra amorosa und in dem Terzett Se tu non lasci, amore.
Die Baßkantate widmet sich dem uralten Thema von der Vergänglichkeit der Schönheit, das Händel in monumentalerer Form bereits in seinem ersten Oratorium Il Trionfo del Tempo im Mai 1707 für Kardinal Pamphilj verarbeitet hatte. Den literarisch ambitionierten Kardinal, Großneffe von Papst Innozenz X., möchte man auch als Autor des anonymen Kantatentextes vermuten, da dieser viele Parallelen zu dem von Pamphilj gedichteten Oratorium aufweist. Die Schönheit sei eine Blume, die in einem Tag aufblühe und verwelke, man müsse ihre Verführungen fliehen etc. etc. – ein alter Hut moralinsaurer Predigt, dem Händel soviel knisternd opernhafte Spannung mitgab, wie nur möglich. Der Sänger rät uns, im Liebeskrieg lieber die Flucht vor Amors Pfeilen zu ergreifen, denn Flucht sei nicht ehrenrührig, wenn sie die einzige Möglichkeit zum Sieg sei. Dem Bassisten verlangen die beiden Arien, die beiden Rezitative und das abschließende Arioso der Kantate einiges an Beweglichkeit ab. Es gibt neben dieser Fassung jedoch noch eine zweite für Sopran, über die der Hauskopist des Marchese Ruspoli im Sommer 1709 eine Quittung ausstellte. Welche die Urfassung war, ist unbekannt.