Quartett d-Moll für 2 Violinen, Viola und Violoncello, op. 12
Werkverzeichnisnummer: 2804
1. Allegro molto
2. Larghetto
3. Menuetto
4. Finale. Allegretto
Selten einmütig lobten Geigenexperten des 19. Jahrhunderts die Kompositionskünste von Friedrich Ernst Fesca: “C’est un des plus charmants génies qu’ait produit l’Allemagne”, meinte Vidal in seinem Buch Instruments d’archet, und Louis Spohr, der größte Geiger der Epoche, hielt ein Streichquartett von Fesca für “bien travaillé et plein de talent”(“gut gearbeitet und voller Talent”). Der in Magdeburg geborene Sohn einer Sängerin und eines Amateurmusikers kam im Umkreis des Leipziger Gewandhausorchesters zur Musik, in einer Epoche des mitteldeutschen Musiklebens, die man wegen des übermächtigen Wiener Schattens von Beethoven kaum zur Kenntnis nimmt. Auch in Mitteldeutschland hinterließ die napoleonische Ära damals ihre Spuren: Fesca wurde von Jérôme Bonaparte an den Hof von Westfalen nach Kassel berufen, wo er bis zum Umsturz von 1813 Konzertmeister war. Später wirkte er in der Hofkapelle der Großherzöge von Baden in Karlsruhe und beteiligte sich dort mit zwei Werken an den regen Experimenten um die deutsche romantische Oper (Cantemire von 1820, Omar und Leila von 1824). Überregionale Bedeutung gewann er jedoch mit seinen 16 Streichquartetten und 4 Streichquintetten.
Das d-Moll-Quartett, op. 11, wartet schon im Hauptthema des Kopfsatzes mit einer derart gefühlssatten, von Chromatik durchsetzten Melodik auf, dass man an den frühen Mendelssohn erinnert wird. Der höchst anspruchsvolle Sonatensatz ist klanglich dicht gewoben und reich an harmonischen Ausweichungen. Die Themen offenbaren weniger epigonale Anlehnung an Mozart und Haydn als etwa die Melodien von Fescas Zeitgenossen Spohr, sie wirken vielmehr wie eigenständige Beiträge zur Frühromantik.
Changierende Harmonik und chromatisch angereicherte Melodik prägen auch das D-Dur-Larghetto im 6/8-Takt, während der dritte Satz mehr düsteres d-Moll-Scherzo ist denn klassisches Menuett. Unter den langen Legatobögen seines B-Dur-Trios spielen sich im Pianissimo romantische Vexierspiele der Harmonik und des Rhythmus ab.
In der gehetzten Tarantella-Agogik des d-Moll-Finales im 6/8-Takt könnte man fast Vorahnungen an Schuberts Der Tod und das Mädchen entdecken, wenn Fesca hier nicht einem Klassizismus nach mozartschem Vorbild am Ende doch den Vorzug gegeben hätte.