Große Fuge für Klavier zu vier Händen, op. 134
Werkverzeichnisnummer: 2797
Overtura. Allegro – Allegro – Fuga
Die vierhändige Klavierbearbeitung der Grossen Fuge steht für einen anderen Aspekt dieser Besetzung: Sie war nichts anderes als der Schallplattenspieler des 19. Jahrhunderts. Wo keine Quartettvereinigung vorhanden war, die Beethovens Streichquartette spielen konnte – und wo waren dergleichen schon zu hören? – , mußten sich die Liebhaber damit begnügen, die Quartette wie auch des Meisters Sinfonien in vierhändigen Klavierauszügen zu spielen. Dem Usus, eigenhändige Bearbeitungen dafür anzufertigen, folgten später auch noch Brahms und seine Zeitgenossen. Von Beethoven ist ein solches Arrangement allerdings nur in einem einzigen Falle überliefert, nämlich von der Großen Fuge.
Beethovens Große Fuge, das erste Finale seines B-Dur-Streichquartetts, op. 130, ist der klassische Fall eines Kammermusikwerkes, das das Fassungsvermögen der Zeitgenossen von 1826 – Zuhörern, Interpreten und Verlegern – überstieg. Ein damaliger Kritiker nannte die Fuge „chinesisch“ und schrieb: „Wenn die Instrumente in den Regionen des Süd- und Nordpols mit ungeheuren Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wenn sie sich unter einer Unzahl von Dissonanzen durchkreuzen, dann gibt es ein Concert, woran sich allenfalls die Marokkaner ergötzen können. „
Eine Konsequenz dieser Polemik war die schüchterne Anfrage seitens des Verlegers, ob Beethoven nicht anstelle der „schwer faßlichen Fuge „ ein neues, „den Ausführenden und dem Publikum zugänglicheres Finale „ schreiben könne. Der Künstler gab dieser Bitte für seine Verhältnisse ungewohnt widerspruchslos nach, indem er für das B-Dur-Quartett ein neues Finale komponierte und die Fuge später als op. 133 separat herausgeben ließ, vielleicht, weil er spürte, daß die revolutionäre Kraft des Werkes, seine emotionale und musikalische Energie den Rahmen eines Finalsatzes sprengte.
Mit entscheidend für die Abtrennung der Fuge vom Quartett, op. 130, war die Nachfrage nach einem vierhändigen Arrangement gerade dieses Satzes: „Es ist schon viel Nachfrage um die Fuge zu 4 Händen für Piano forte arrangirt erlauben Sie mir, daß ich sie so herausgebe?“, so die Bitte des Verlegers Artaria an Beethoven. Dieser konnte sich zunächst nicht dazu bereitfinden, das Arrangement selbst zu besorgen, weshalb der junge Komponist Anton Halm mit der Aufgabe betraut wurde. Obwohl Halm sich engstens mit Beethoven darüber beriet, war es ihm nicht möglich, die Originalgestalt der Themen aus der Quartettfassung beizubehalten. Dies veranlaßte letztlich doch Beethovens Eingreifen und die Entstehung seines Arrangements.Zur Form der Großen Fuge noch ein paar Worte: Ihr Hauptthema tritt in vier verschiedenen Versionen auf, die zu Beginn in einer Overtura nacheinander vorgestellt und dann in vier Einzelfugen, allerdings in umgekehrter Reihenfolge, durchgeführt werden. Es handelt sich, dem Beethovenforscher J. Kerman zufolge, um „eine disziplinierte Doppelfuge in B-Dur, eine hervorragend undisziplinierte Fuge in As-Dur, einen lyrischen Zwischenteil in G-Dur, der gar nicht als Fuge gelten kann,“ und um eine „simple fast komische Tanzpassage“ . Darauf folgt der lange Schlußabschnitt, in dem die diversen Themengestalten „neckisch hervorgeschleudert und wieder fallengelassen werden“.