“Jeux des Courbes”, Bläsertrio für das Trio d’Anches (1996)
Werkverzeichnisnummer: 2789
In der Reihe PODIUM JUNGER KÜNSTLER stellt Villa Musica junge Kammerensembles auf dem Weg zur professionellen Karriere vor. Wie die Einzelstipendiaten der Stiftung haben sie alle erfolgreich an einem Probespiel teilgenommen und gehören für ca. 2-3 Jahre in den Kreis der Stipendiaten. Einmal pro Saison erhalten sie die Chance, mit einem Dozenten ein Programm ihrer Wahl einzustudieren.
Nach Möglichkeit werden dabei auch Werke junger Komponisten berücksichtigt, die im Rahmen der Konzerte ihre Uraufführung erleben. Eigens für das heutige Programm hat der in Leipzig lebende Komponist CHRISTIAN FP KRAM ein Bläsertrio geschrieben, das am 8. 9. seine Uraufführung erlebt. Er hat das Werk mit dem Trio Aperto in der Villa Musica in Mainz einstudiert. Von dieser so wesentlichen Arbeit mit den Interpreten profitieren auch die jungen Komponisten.
Eine Besonderheit des heutigen Programms ist zweifellos die Besetzung. Das Trio aus Oboe, Klarinette und Fagott hat sich erst in unserem Jahrhundert als Gattung der Bläserkammermusik herausgebildet.
Daraus erklärt sich die Dominanz des 20. Jahrhunderts im Repertoire dieser Ensembles wie auch in unserem heutigen Programm. Die stilistische Bandbreite reicht von Werken des gefälligen französischen Neoklassizismus (Francaix) bis zur asiatisch gefärbten Neuen Musik eines Isang Yun. Klassische Triowerke der Bläserkammermusik, wie etwa die Bassetthorntrios von Mozart oder die Oboentrios von Beethoven, sind unschwer durch Bearbeitung in dieses Repertoire miteinzubeziehen. Der französische Name der Besetzung ist Trio d’anches, benannt nach den Rohrblättern (franz. anches) der drei Instrumente.
CHISTIAN FP KRAM wurde in der Nähe von Würzburg geboren. Er studierte 1990-94 Klavier und Musiktheorie an der Folkwang-Hochschule Essen sowie 1995-96 Komposition bei Manfred Trojahn an der Schumann-Hochschule Düsseldorf. 1992-.94 nahm er an den Darmstädter Arbeitstagungen für Neue Musik teil, 1995 am Brandenburgischen Colloquium für Neue Musik. Seit 1995 ist er Dozent für Klavier in Remscheid. Seit wenigen Wochen lebt er in Leipzig, wo er seine Studien fortsetzt.
Sein Werk umfaßt neben Kammermusik für kombinierte Ensembles (Klaviertrio, Streichquartett und – sextett in Schatten, Klaviertrio und Bläserquartett in Eins/Uneins) vor allem Vokalmusik: Lieder, Chorwerke und das Fragment einer Kammeroper nach Gedichten von Pablo Neruda.
1995 wurde er beim Kompositionswettbewerb für experimentelle Vokalmusik des Brandenburgischen Colloquiums und beim Wettbewerb Von der Vielfalt der Stimmen des Rundfunkchors Berlin ausgezeichnet.
Zu seinem Bläsertrio, in dem neben Oboe und Klarinette auch Englischhorn und Baßklarinette zum Einsatz kommen, schrieb er folgende Einführung:
“Grundlage meines Stückes Jeux des Courbes ist eine medizinisch-wissenschaftliche Untersuchung des Doktorandin Annkathrin Pöpel über die Augenbewegungen beim Mittagsschalf. Denn die rege Tätigkeit der Augen beim Schlaf in Wechselwirkung mit der Atmung, der Herztätigkeit, dem Blutdruck und verschiedenen Hirnströmen läßt sich mittels Kurvendarstellung (Frequenzänderung pro Zeit) sehr anschaulich darlegen.
Diese Kurven bilden nun den Ausgang meines Stückes, wobei diese nicht einfach kopiert werden, sondern lediglich als Anregung, als ungefähr linearer Verlauf der Tonhöhe und der Tondauer in den Hauptteilen des Stücks benutzt werden.
Die nun auftretenden Klänge sind jedoch wohl kalkuliert; Dur- und Moll-Dreiklänge treten in Beziehung mit zum Teil extrem dissonanten Klangkonfigurationen; es entsteht ein Kompendium der mit 3 (Instrumental-) Stimmen möglichen Klänge. Formal gliedernd wirken die mehrfach auftretenden rein dynamischen und rhythmisch-dynamischen Abschnitte.
Jeux des Courbes entstand in freundschaftlicher Verbundenheit zum Trio Aperto.”