Nonett | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Arnold Bax

Nonett

Nonett für Flöte, Oboe, Klarinette, Harfe, 2 Violinen, Viola, Violoncello und Kontrabass

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2645

Satzbezeichnungen

1. Molto moderato – Allegro Tempo primo – Lento

2. Allegro – Lento espressivo

Erläuterungen

“Nachtmusiquen” waren in der Zeit der Wiener Klassik nicht nur als herrschaftliches Divertissement in Schlössern beliebt, sondern auch als Ständchen für den “Durchschnittsbürger” auf der Straße. Unter den unterschiedlichsten Titeln wie “Nachtmusique”, “Parthie” oder “Cassation”, mal in reiner Bläserbesetzung, mal mit Streichern und Hörnern wurden sie auf Bestellung unter dem Fenster eines Adressaten musiziert, den man zum Namenstag überraschen oder auf sonstige Weise ehren wollte. So wurde zum Beispiel im August 1778 eine der beiden “Lodronischen Cassationen” Mozarts von dem Salzburger Geiger und Hofmusiker Kolb “auf der gasse” vor dem Hause eines Salzburger Hofbeamten “producirt”, wie Leopold Mozart seinem damals in Paris weilenden Sohn Wolfgang berichtete, der seinerseits die Noten dieser “Nachtmusik” mit auf die Reise genommen hatte.
Unser Programm spannt einen Bogen von “Nachtmusiken” des 19. und 20. Jahrhunderts – Stücken, die in ihren Klängen und in ihrer harmonisch-melodischen Aura nächtliche Assoziationen wecken – zurück zu den bodenständigeren und auch witzigeren “Cassationen” Mozarts.

Arnold Bax beschwor in seiner Musik die keltischen Wurzeln Britanniens, in deren Bann er als 19jähriger durch Gedichte von Yeats geriet. Er wurde zu einem begeisterten Irland-Besucher, widmete der grünen Insel und ihrer tragischen Geschichte zahlreiche seiner Kompositionen. Sein Ziel war es, im Widerspiel zwischen Traum und Realität “dem Traum zu folgen”. Nicht zufällig enthält sein Nonett eine Stimme für Harfe, der Bax sieben Kammermusikstücke widmete, denn die Wurzeln des Harfenspiels in Großbritannien liegen im keltischen Wales und Irland. In Bax’ Werken vertritt sie den “Kelten in ihm”. Das Nonett aus dem Jahre 1936 besteht aus zwei Sätzen, die in sich vielfältig gegliedert sind. Der erste Satz beginnt mit einer Triolenfigur in der Bratsche (mit Dämpfer), gestützt von Harfen- und Pizzicatoakkorden der Streicher. Über diesem geheimnisvollen Klanggrund setzt die Oboe mit einem Thema ein, das von der Klarinette sofort in Umkehrung beantwortet und später vom Tutti aufgegriffen wird, während die Triolenfigur in die Klarinette wandert. Diese subtile “Klangregie” bei ständigem thematischem Dialog der Instrumente bestimmt den ganzen Satz, wobei mehrere Kontrastthemen eingeführt werden: ein markantes Marschmotiv (Streicher), ein kantables Seitenthema (Flöte) und ein choralartiges Thema mit Flageloett-, Pizzicato- und Staccato-Klängen. Im Mittelteil wird das Hauptthema in ein kraftvolles Allegro verwandelt, bevor es im Tempo primo in der ursprünglichen Gestalt wiederkehrt. Ein getragener lento-Abschnitt beendet den Satz.
Der zweite Satz ist ähnlich kontrastreich angelegt. Das Werk bestätigt, was Edwin Evans bereits 1929 über Arnold Bax schrieb: “Musik fließt wie ein breiter Strom aus seiner Fantasie, sie verrät einen subtilen Schönheitssinn, der ihm zur zweiten Natur geworden ist.”