Sonate für vier Hörner | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Michael Tippett

Sonate für vier Hörner

Sonate für vier Hörner

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2624

Satzbezeichnungen

1. Allegro molto moderato

2. Allegro giocoso

3. Lento cantabile tranquillo (in stile notturno)

4. Allegro molto e vigoroso

Erläuterungen

Sir Michael Tippett, der Nestor der Neuen Musik Englands, ist am 8. Januar 1998 verstorben. In seinen 1991 publizierten Erinnerungen hatte er noch große Hoffnungen in das neue Jahrtausend gesetzt: “Die Zukunft zählt mehr, und meine wahre Hoffnung ist, daß ich das neue Jahrtausend erleben werde,” was angesichts der notorisch mittelmäßigen Aufführungspraxis vieler seiner Werke zu Lebzeiten, insbesondere in den 50er Jahren, verständlich ist. Dennoch lehnte Tippett die arrogante Avantgarde-Mentalität der Stunde-Null-Komponisten wie Boulez ab, da er sie angesichts des viel wichtigeren Bruchs nach dem I. Weltkrieg für zweitrangig hielt. Er experimentierte im Rahmen eines konservativen Idioms auf seine Weise, etwa mit der Aufhebung von Takteinteilungen (was seiner 2. Sinfonie bei ihrer Uraufführung zum Verhängnis wurde).
Neben solchen progressiven Zügen findet sich bei ihm eine Fülle traditioneller Satztechniken, etwa der Kontrapunkt der englischen Renaissance. “Ich bin ein geborener Kontrapunktiker und spüre, daß mir polyphone Verläufe ziemlich in den Knochen stecken,” schrieb er einmal. “Aber ich glaube, daß ein Komponist kaum einen Schuß Pulver wert ist, wenn er nicht in der Lage ist, genau das zu machen, was das jeweilige Problem im Augenblick gerade erfordert.”
Die spezifischen Probleme seiner Sonate für vier Hörner bestanden für Tippett in dem Ruf-Charakter der Instrumente. Dies geht aus der Einführung hervor, die er zur Uraufführung in der Londoner Wigmore Hall geschrieben hat: “Alle Sätze enthalten charakteristische Rufe und Dreiklangsbrechungen. Manchmal ist der Ruf selbst das Thema, etwa in der Fuge. Manchmal bilden die Rufe die Begleitung zu einem Solo, z. B. im Nocturne.” Besonders der letztere, dritte Satz zeigt, wie kongenial Tippett die Klangmöglichkeiten des Mediums Hornquartett – eines romantischen Genres – erfaßt und in eine moderne Klangsprache übersetzt hat. Die schnellen Sätze haben in der Tat rufartige Sprünge als Themen: im ersten Satz eine große None aufwärts, im zweiten Satz einfache Quartsprünge, im Schlußsatz eine kleine Sept, die sukzessiv über große Sept und Oktav bis zur kleinen Non gesteigert wird, woraus ein leicht kapriziöses Fugenthema entsteht. Die Formen aller vier Sätze sind traditionell: “Der erste Satz der Sonate ist strophisch; wie drei Strophen eines Liedes. Der Schluß jeder Strophe findet ein Echo mit gedämpften Stimmen. Der zweite Satz ist ein Sonatenallegro. Der langsame Satz hat die traditionelle A-B-A-Form eines Nocturne. Das Finale ist eine Fuge, in der das Thema mit wechselnden Kontrasubjekten kombiniert wird.” Diese Sonate, 1955 komponiert, war lange Zeit nebendem Zyklus seiner Streichquartette Tippetts einziges veröffentlichtes Kammermusikstück. Wie so viele englische Hornmusik der Nachkriegszeit wurde sie für den überragenden Hornisten Dennis Brain geschrieben.

2003
MICHAEL TIPPETT
Sonate für vier Hörner
Sir Michael Tippett, der 1998 verstorbene Nestor der Neuen Musik Englands, ist in unserem Programm nicht mit einem “musikalischen Spaß”, sondern mit einer seriösen Sonate für vier Hörner vertreten, die er 1955 für den großen Hornisten Dennis Brain schuf. Wie stets in seiner Musik mischen sich hier progressive Satztechniken mit traditionellen, besonders solchen des Kontrapunkts, den er liebte.

Der Hornruf war für Tippett Ausgangspunkt des Werkes, wie er in seiner Einführung zur Uraufführung in der Londoner Wigmore Hall schrieb: “Alle Sätze enthalten charakteristische Rufe und Dreiklangsbrechungen. Manchmal ist der Ruf selbst das Thema, etwa in der Fuge. Manchmal bilden die Rufe die Begleitung zu einem Solo, z. B. im Nocturne.” Besonders der letztere, dritte Satz zeigt, wie kongenial Tippett die Klangmöglichkeiten des Mediums Hornquartett – eines romantischen Genres – erfaßt und in eine moderne Klangsprache übersetzt hat. Die schnellen Sätze haben in der Tat rufartige Sprünge als Themen: im ersten Satz eine große None aufwärts, im zweiten Satz einfache Quartsprünge, im Schlußsatz eine kleine Sept, die sukzessiv über große Sept und Oktav bis zur kleinen Non gesteigert wird, woraus ein leicht kapriziöses Fugenthema entsteht. Die Formen aller vier Sätze sind traditionell: “Der erste Satz der Sonate ist strophisch; wie drei Strophen eines Liedes. Der Schluß jeder Strophe findet ein Echo mit gedämpften Stimmen. Der zweite Satz ist ein Sonatenallegro. Der langsame Satz hat die traditionelle A-B-A-Form eines Nocturne. Das Finale ist eine Fuge, in der das Thema mit wechselnden Kontrasubjekten kombiniert wird.”