“Romanza e Danza” nach Meyerbeers Die Afrikanerin für Bläseroktett (1971)
Werkverzeichnisnummer: 261
1. Romanza
2. Danza
AN OPERNMELODIEN aus einem Klassiker der französischen “Grande Opéra“lehnte sich der deutsche Komponist Günter Bialas an, als er 1971 “Romanza e Danza” für Bläser schrieb. Das zweisätzige Stück in der klassischen Oktettbesetzung verabeitet Motive aus Giacomo Meyerbeers letzter Oper “L’Africaine” (“Die Afrikanerin”), die 1865 in Paris uraufgeführt wurde.
Bialas hat zwischen die original harmonisierten Opernzitate dissonante und aleatorische Felder eingeschoben, mitunter auch ein Meyerbeer-Thema durch zeitgenössische Begleitung verfremdet. In dieser unverkrampften, das Original respektierenden Form der Paraphrase spiegelt sich sein künstlerisches Credo wieder, das er 1993 folgendermaßen umriss: “Ob ich einfach oder kompliziert schreibe, hat nur etwas mit meiner Ausdrucksabsicht zu tun. Auch heute muss Einfachheit möglich sein, sie ist nur schwieriger zu erreichen, weil wir dabei nur allzu rasch auf verbrauchtes Material stoßen. Gegen überflüssige Töne bin ich empfindlicher geworden. Meine Inhalte, die nur musikalischer Natur sein können, möchte ich möglichst direkt vermitteln, nicht verkleidet, nicht verschlüsselt und nicht verdeckt von allzuviel Kunstfertigkeit. Ich möchte mich deutlich ausdrücken und nicht versuchen, viele Dinge gleichzeitig zu sagen. Am liebsten wäre mir, man könnte den Kompositionsvorgang wie noch bei Verdi auf Melodie und Begleitung reduzieren… Eine Auswahl an Tönen erscheint mir charakteristischer und abwechslungsreicher als die ständige Anwesenheit aller 12 Töne. Ähnlich verhält sich der Rhythmus: Wenn er zu kompliziert ist, hebt er sich selbst auf.”
Wie diese Zeilen verraten, gehörte und gehört der gebürtige Schlesier Bialas zu jenen handwerklich orientierten Komponisten der Nachkriegszeit, die der Avantgarde eine Absage erteilten. In Breslau und Berlin ausgebildet, im Schuldienst und in der Jugendbewegung tätig, wurde seine Biographie zunächst vom Zweiten Weltkrieg bestimmt, bevor er sich nach 1945 eine neue Existenz aufbaute. In Detmold und an der Münchner Musikhochschule hatte in dem Kompositionsprofessor Bialas “eine ganze Generation heranwachsender Komponisten einen erfahrenen und väterlichen Mentor” (Georg Meerwein). In allen Gattungen zuhause, von Bühnenwerken über Solokonzerte bis hin zur Chormusik, hat er den Bläsern sowohl in seinen Konzerten als auch in der Kammermusik dankbare Stücke auf den Leib geschrieben.