Streichtrio Nr. 2, H. 238 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Bohuslav Martinu

Streichtrio Nr. 2, H. 238

Trio Nr. 2 für Violine, Viola und Violoncello

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2581

Satzbezeichnungen

1. Allegro – Largo – Allegro

2. Poco moderato – Vivo

Erläuterungen

DER TSCHECHE MARTINU ging in seiner Streicherkammermusik weder von kontrapunktischen Prinzipien noch von abstrakten Themenmodellen, sondern von den virtuosen Möglichkeiten der Streicher aus. Seine Duos, Trios und Quartette gehören deshalb zum Dankbarsten, was in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts für Streicherensemble komponiert wurde. Nicht nur in dieser klanglichen Hinsicht erscheint Martinu als der eigentliche Nachfolger Dvoraks in der Kammermusik.
Wie Dvorak verarbeitete er mit Vorliebe die Volksmusik seiner Heimat, und zwar auch und gerade während seiner langen Jahre in Frankreich und im amerikanischen Exil. Als junger Streicher in der Tschechischen Philharmonie lernte er in den 1910er Jahren die Musik Debussys und Ravels kennen und ging, sobald es ihm ein kleines Stipendium erlaubte, nach Paris, um dort bei Albert Roussel zu studieren. Trotz beachtlicher Erfolge in den Künstlerkreisen der französischen Metropole blieb er während der gesamten Pariser Jahre arm und auf das magere Einkommen seiner Frau angewiesen. 1940, buchstäblich in letzter Sekunde, floh er vor den Deutschen nach Südfrankreich und gelangte nach einer abenteuerlichen Flucht schließlich 1941 nach New York – ein zweites Mal vor dem Nichts und fern der über alles geliebten Heimat, die er auch nach dem Kriege nicht wiedersehen sollte.
Das Streichtrio (eigentlich sein zweites nach einem verschollenen ersten von 1923) komponierte Martinu 1934 in Paris, auf dem Höhepunkt seiner internationalen Erfolge. Es ist dem Trio Pasquier gewidmet und ganz von der Virtuosität dieses Spitzenensembles geprägt, denn es kostet in kongenialer Weise die klanglichen und atmosphärischen Möglichkeiten des Genres aus. Dies kann man gleich an dem furiosen Einstieg des ersten Satzes hören, der später noch zweimal wiederkehrt. Er geht nahtlos in eine choralartige Volksweise über, die expressiv gesteigert wird und auch in dem Largo-Mittelteil wieder auftaucht, der ansonsten wie ein melancholischer Gesang wirkt. Die klangliche Vielfalt des Satzes – Akkordbrechungen und Läufe, Flageoletts, Tremoli und Pizzicati, Triolenflächen und virtuose Kadenzen – spricht für sich.
Im Gegensatz zur komplexen Form des Kopfsatzes ist das Finale geradlinig aus mehreren Tänzen im 3/8- und 2/4-Takt aufgebaut, eingeleitet durch rezitativische Kadenzen von Cello und Bratsche. In der entwaffnenden Vitalität und dem Klangzauber dieses Finales, gerade auch in seinen träumerischen Episoden, feiert die Musik Dvoraks eine moderne Auferstehung.