“Kindersinfonie”
Werkverzeichnisnummer: 2455
1. Allegro
2. Menuett – Trio
3. Presto
Das Werk, dem das 19. Jahrhundert den Titel “KINDERSINFONIE” verliehen hat, ist eigentlich keine Sinfonie, sondern eine dreisätzige, divertimentohafte Kammerkomposition, deren instrumentales Gerüst ein dreistimmiger Streichersatz mit hinzutretenden sieben Berchtesgadener Kinderinstrumenten bildet. Dies sind: Kuckuck, Wachtel, Trompete und Trommel, Ratsche, Orgelhenne (=Wasserpfeife) und Cymbelstern. Die Komposition aus dem Salzburger Raum hat unter den Philologen für Aufruhr gesorgt, denn sie trat aus der Geschichte in verschiedenen Fassungen und gleich mit mehreren Autoren hervor, darunter Joseph Haydn, Leopold Mozart, Michael Haydn und Edmund Angerer. Die Autorangabe in einem Werkkatalog von ca. 1800, nämlich “Anonym”, führte zu der weiteren Hypothese, daß mehrere Komponisten beteiligt gewesen sein könnten. Unter den überlieferten Quellen favorisieren die jüngsten philologischen Untersuchungen eine Abschrift des Werks aus der Benediktinerabtei Melk mit der Autorangabe Michael Haydn. Doch auch gegen diese Zuweisung gibt es Einwände, so fehlt die “Kindersinfonie” z.B. in den Werkkatalogen, die Haydns Zeitgenossen Nikolaus Lang und P. Werigand Rettensteiner nach dessen Tod zusammengestellt haben. Ob vielleicht also noch ein weiterer, bisher im Zusammenhang mit der “Kindersinfonie” ungenannter Name als Autor in Frage kommen könnte, ist durchaus offen und bleibt auch weiterhin ein Geheimnis der “Kindersinfonie”.
2001:
Wir leben in einer Welt der Kinderkultur: Von den Teletubbies bis zur Sendung mit der Maus sind die Jüngsten rundum versorgt mit Information, die sich auf ebenso geschickte wie unterschwellige Weise der Musik bedient. All jene Strategien musikalischer Lenkung kleiner Zuschauer, die heute tagtäglich im Fernsehen ablaufen, mussten freilich erst einmal erfunden werden. Einige ihrer “Urväter” präsentiert das heutige Programm.
Die drei Werke bezeichnen unterschiedliche Stadien der Annäherung ans kindliche Publikum. Die “Kindersinfonie” ist eine Erwachsenenmusik mit Kinderinstrumenten, sozusagen zum Mitmachen nach dem Orff-Prinzip, Luciano Berios Opus Number Zoo dagegen ein “Kinderspiel” für Erwachsene. Prokofieffs Peter und der Wolf stellt das Ideal einer gelungenen Pädagogik dar, die Kinder spielerisch an die Instrumente des Sinfonieorchesters heranführt.
MICHAEL HAYDN Kindersinfonie
Was den Salzburger Hoforganisten Michael Haydn (oder wen auch immer, siehe unten) bewogen haben mag, eine Cassation für Streicher und “Berchtesgadener Kinderinstrumente” zu schreiben, bleibt ein Rätsel. Es könnte ein Faschingsscherz für Salzburger Bürger gewesen sein, wie sie auch Mozart zur Genüge produzierte, oder eine Musik für Kinder und ihre Eltern. Der pädagogische Impetus der Aufklärung spielt hier vielleicht mit hinein, schließlich war die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts die erste Epoche, die sich dem Genre “Kindermusik” zuwandte. Auch Mozart sammelte in Wien Hefte mit Kinderliedern und komponierte für sie Lieder wie Komm, lieber Mai, und mache.
Die Frage des Anlasses zur sog. “Kindersinfonie” ist also ungelöst, der Forschung aber bereitete aber ein noch viel grundsätzlicheres Problem Kopfzerbrechen: die Autorschaft. Heidrun Miller hat für ein früheres Villa Musica-Programmheft den komplexen Sachverhalt zusammengefasst: “Das Werk, dem das 19. Jahrhundert den Titel ‘Kindersinfonie’ verliehen hat, ist eigentlich keine Sinfonie, sondern eine dreisätzige, divertimentohafte Kammerkomposition, deren instrumentales Gerüst ein dreistimmiger Streichersatz mit hinzutretenden sieben Berchtesgadener Kinderinstrumenten bildet. Diese sind: Kuckuck, Wachtel, Trompete und Trommel, Ratsche, Orgelhenne (=Wasserpfeife) und Cymbelstern.
Die Komposition aus dem Salzburger Raum hat unter den Philologen für Aufruhr gesorgt, denn sie trat aus der Geschichte in verschiedenen Fassungen und gleich mit mehreren Autoren hervor, darunter Joseph Haydn, Leopold Mozart, Michael Haydn und Edmund Angerer. Die Autorangabe in einem Werkkatalog von ca. 1800, nämlich ‘Anonym’, führte zu der weiteren Hypothese, dass mehrere Komponisten beteiligt gewesen sein könnten. Unter den überlieferten Quellen favorisieren die jüngsten philologischen Untersuchungen eine Abschrift des Werks aus der Benediktinerabtei Melk mit der Autorangabe Michael Haydn.
Doch auch gegen diese Zuweisung gibt es Einwände, so fehlt die Kindersinfonie z.B. in den Werkkatalogen, die Haydns Zeitgenossen Nikolaus Lang und P. Werigand Rettensteiner nach dessen Tod zusammengestellt haben. Ob vielleicht also noch ein weiterer, bisher im Zusammenhang mit der Kindersinfonie ungenannter Name als Autor in Frage kommen könnte, ist durchaus offen und bleibt auch weiterhin ein Geheimnis.”
Den Genuss an diesem vergnüglichen Werk des süddeutschen Rokoko sollten diese philologischen Zweifel nicht trüben.