Schottisches Lied “Up in the morning early” (Nr. 28) aus A Selection of Original Scots Songs in Three Parts, 1792, Hob. XXXI
Werkverzeichnisnummer: 2412
GEORGE THOMSON, ein Geiger und Musikliebhaber, bekleidete den ehrenwerten Posten des leitenden Sekretärs beim Board of Trustees for the Encouragement of Art und Manufacturers of Scotland, einer Art schottischen Kultus- und Wirtschaftsministeriums in Edinburgh. 1792, in seinem dritten Amtsjahr, entschloß er sich, der Volkskultur seiner Heimat ein Denkmal zu setzen, indem er bei den berühmtesten Komponisten des Kontinents Bearbeitungen schottischer Volkslieder in Auftrag gab. Über 50 Jahre lang, 1793-1841, edierte er auf eigene Kosten und mit großem finanziellem Aufwand Dutzende von Liedbänden, zu denen nach und nach auch solche mit irischen und walisischen Liedern hinzukamen. Den Anfang als Bearbeiter machte der seinerzeit beliebte Ignaz Pleyel. Erst 10 Jahre später gelang es Thomson, auch Bearbeitungen von Pleyels berühmtem Lehrer, Joseph Haydn, zu erhalten.
HAYDN hatte seine ersten Bearbeitungen schottischer Lieder 1791 in London für den Verleger William Napier geschrieben, der sie in einer Ausgabe für Singstimme, Violine und Generalbaß herausgebracht hatte. 1799 wandte sich Thomson an den mittlerweile nach Wien zurückgekehrten Meister mit der Bitte, nun auch für ihn einige übersandte Melodien schottischer Lieder für Singstimme und Klaviertrio zu setzen. Aus dieser bescheidenen Anfrage entwickelte sich – wie später bei Beethoven – eine jahrelange Geschäftsbeziehung, die es Thomson ermöglichte, immer wieder neue Melodien zur Bearbeitung nach Wien zu schicken, und umgekehrt Haydn ein höchst ansehnliches Salär eintrug. Das Ergebnis – fast 300 schottische und über 60 walisische Liedbearbeitungen – bildet in Haydns Gesamtschaffen eine bis heute kaum bekannte, aber umso reizvollere Werkgruppe.
Unsere Beispiele stammen aus den ersten 100, für Napier gesetzten schottischen Liedern, deren Begleitung erst später und auch nur zum Teil von Haydn für Klaviertrio arrangiert wurde.