Fantazia upon one note
Werkverzeichnisnummer: 2363
IM SOMMER 1681 griff der 21jährige Henry Purcell, Musikzögling der königlichen Kapelle in London, zur altehrwürdigen Gattung der Fantazia, um sein kompositorisches Gesellenstück abzuliefern. Es war ein Akt der schweigenden Opposition gegen den englischen Königshof, wo Charles II. jede Form von “alter Musik” verboten hatte, so auch die Fantasien, die damals schon seit über 100 Jahren im Gebrauch waren. Purcell schrieb damals insgesamt 18 Fantasien: drei zu drei Stimmen, zwölf zu vier Stimmen, zwei In Nomine und die Fantazia upon one note. Wir hören die letzteren drei.
In allen seinen Fantasien zeigte sich der junge Komponist mit den Techniken der englischen “Fantazia” wohl vertraut. Die Warnung der Theoretiker vor allzu großer “variety” in der Modulation nahm er freilich nicht allzu ernst, sondern verband die für die Fantazia typischen fugenartigen Imitationsteile mit expressiven Adagioabschnitten und tänzerischen Episoden zu Gebilden voller barocker Kontraste. Am meisten frappieren die scharfen Dissonanzen, die Purcell aus der altenglischen Vorliebe für Querstände (relationes non harmonicae) gewann. In ihrem Gebrauch ging er bis an die Grenzen des zu seiner Zeit harmonisch Möglichen.
DIE FANTASIE “ÜBER EINE NOTE” enthält zahlreiche dieser Querstände, obwohl sie auf einem einfachen Cantus firmus aufbaut: dem ununterbrochen ausgehaltenen Ton C. Dieser wird mal als Grundton, mal als Quint, Quart oder Terz des Akkords gedeutet, so daß die übrigen Stimmen reiche Möglichkeiten zur harmonischen Entfaltung (einschließlich eines Dur-Moll-Wechsels) erhalten.