Klavierquartett D-Dur, WoO 36,2 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Ludwig van Beethoven

Klavierquartett D-Dur, WoO 36,2

Quartett D-Dur für Klavier, Violine, Viola und Violoncello, WoO 36,2

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2314

Satzbezeichnungen

1. Allegro moderato

2. Andante con moto

3. Rondo. Allegro

Erläuterungen

Nicht erst das 20. Jahrhundert hat eine Vorliebe für Wunderkinder entwickelt – sei es im Hochleistungssport, sei es auf dem Konzertpodium. Schon wer im späten 18. Jahrhundert die Lokalseiten der Zeitungen studierte, konnte den Sensationsberichten über musikalische Wunderkinder gar nicht entgehen. Leopold Mozart versorgte die Presse frühzeitig mit Informationen, damit dem sensationellen Auftritt seiner Kinder der entsprechende Werbefeldzug vorausging. Die siebenjährigen Geiger, neunjährigen Tänzerinnen, Klavier-, Harfen- oder Flötenbegabungen durchwanderten Europa. So mochte es den Leser von Cramers Magazin der Musik nicht verwundern, als er im März 1783 über einen Knaben aus Bonn folgendes lesen konnte: “Louis van Betthoven … ein Knabe von 11 Jahren. Er spielt sehr fertig und mit Kraft das Clavier… Diese junge Genie verdiente Unterstützung, daß er reisen könnte. Er würde gewiß ein zweiter Wolfgang Amadeus Mozart werden, wenn er so fortschritte, wie er angefangen.” Mit Kraft das Clavier zu spielen, war eine Sache, als “Compositeur” aufzutreten, noch dazu mit dem Anspruch, ein zweiter Mozart zu werden, eine andere. Und so wurde die gutgemeinte Notiz, die Beethovens Lehrer Christian Gottlob Neefe verfaßt hatte, um seinem Schüler ein Stipendium zu verschaffen, zur Meßlatte für Unerreichbares. Als die ersten gedruckten Werke des “jungen Genies” 1784 den Rezensenten von Forkels Musikalischem Almanach erreichten, vermerkte dieser lapidar, sie seien “erste Versuche eines Anfängers” und kaum mehr als Schreie “eines Tertianers oder Quartaners in unseren Schulen”. Die vernichtende Kritik hatte zur Folge, daß die Drucklegung von Beethovens bedeutendsten Jugendwerken – den drei Klavierquartetten, WoO 36 – 1785 unterblieb und im Schaffen des Komponisten eine mehrjährige Krise eintrat.

Die Quartette, die noch für Cembalo und Streicher komponiert wurden, sind Werke eines 15jährigen, nicht – wie im Originaltitel behauptet – eines 13jährigen. (Verjüngung erhöhte die Sensation, wie auch die angeblichen 11 Jahre in der Neefe-Notiz.) Sie nehmen deutlich auf bestimmte Werke Mozarts Bezug, vielleicht als Beweis für den 1783 formulierten Anspruch. So folgt der Kopfsatz des D-Dur-Quartetts dem ersten Satz des g-Moll-Klavierquartetts von Mozart, dessen drei Themen, Anlage mit Coda und Durchführungstechnik er nachahmt. Das Andante in fis-Moll zeigt dagegen, daß die Wurzeln von Beethovens Expressivität eher in der rheinischen Klassik, bei Neefe und den Mannheimern lagen, als in Wien. Sein Rondo ist den Singspielen des Bonner Hofes verwandt.