Streichquartett D-Dur (1897)
Werkverzeichnisnummer: 2285
1. Andante con moto
2. Allegro
2001
ARNOLD SCHÖNBERG
Streichquartett D-Dur (1897)
„Wenn die Leute von mir sprechen, denken sie sofort an Schrecken, Atonalität und Komposition mit zwölf Tönen. Allgemein wird immer vergessen, dass es, bevor ich diese neuen Techniken entwickelt hatte, zwei oder drei Zeitabschnitte gab, in denen ich das technische Rüstzeug erwerben musste.“ Das D-Dur-Quartett von 1897 ist eine jener Übungen im „technischen Rüstzeug“ aus den früheren Zeitabschnitten von Schönbergs Entwicklung. Es steht so deutlich unter dem Einfluss von Brahms und Dvorák, dass sich ganz selbstverständlich eine Parallele zum G-Dur-Streichquintett von Dvorák am Ende unseres Programms ergibt.
Der Komponist selbst hat eindringlich den langen Weg geschildert, der zu diesem ersten Werk für Streichquartett führte: „Ich kaufte mir antiquarisch einige Partituren von Beethoven mit Geld, das ich mit Deutschunterricht bei einem Griechen verdient hatte; es waren die dritte und die vierte Sinfonie, zwei der Rasumowsky-Quartette und die große Fuge für Streichquartett, op. 133. Von da an besaß ich das Verlangen, Streichquartette zu schreiben. Doch dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung, bevor ich Oskar Adler zum Freund gewonnen hatte, der eine große Rolle in meiner Entwicklung spielen sollte… Als wir Quartette von Mozart und Beethoven spielen wollten, besorgte Adler eine große, mit Zithersaiten bespannte Bratsche, die Ton und Umfang eines Cellos hatte. Dies Instrument hatte ich zu spielen. Da ich es nicht besser wusste, tat ich es mit dem Fingersatz der Bratsche. Bald danach kaufte ich ein Cello, und auch dies spielte ich mit dem Fingersatz, mit dem ich Violine, Viola und das Violincello – wie ich es nannte – gespielt hatte. Dies währte eine ganze Zeit, bis Adler von einem wirklichen Cellisten erfuhr, dass der Fingersatz für das Cello anders ist. Den Rest musste ich selbst herausfinden. Natürlich begann ich sogleich, Streichquartette zu schreiben.
Inzwischen hatte Meyers Konversationslexikon, das wir als Subskription kauften, den langerhofften Buchstaben S erreicht, was mir ermöglichte, unter „Sonate“ zu lernen, wie der erste Satz einer Sonate aufgebaut ist. Zu der Zeit war ich etwa achtzehn Jahre alt, hatte aber keine andere Unterweisung erhalten als die von Oskar Adler. Meine Kenntnisse konnte ich jedoch erweitern, indem ich das Lexikon mehr und mehr studierte und einige Kompositionsschüler des Wiener Konservatoriums kennenlernte… Zu dieser Zeit waren Mozart, Brahms, Beethoven und Dvorák meine Vorbilder. Trotzdem dauerte es noch mehrere Jahre, bevor ich das Streichquartett in D-dur schreiben konnte, das für eine öffentliche Wiedergabe im Wiener Tonkünstlerverein, ein halbes Jahr nach dem Tode seines Ehrenpräsidenten Johannes Brahms, angenommen wurde. Während dieses Stück stark unter dem Einfluss von Brahms und Dvorák stand, ergab sich eine sehr plötzliche Wendung zu einer mehr ‚fortschrittlichen‘ Schreibweise. Mahler und Strauss waren auf der musikalischen Szene erschienen, und so faszinierend war ihr Auftritt, dass jeder Musiker sofort gezwungen war, Partei zu ergreifen: pro oder contra.“
Wenn die Leute von mir sprechen, denken sie sofort an Schrecken, Atonalität und Komposition mit zwölf Tönen. Allgemein wird immer vergessen, dass es, bevor ich diese neuen Techniken entwickelt hatte, zwei oder drei Zeitabschnitte gab, in denen ich das technische Rüstzeug erwerben musste, welches mich befähigte, deutlich auf meinen eigenen Füßen zu stehen.“ Das jugendliche D-Dur-Streichquartett Schönbergs ist ein Werk jener „zwei oder drei Zeitabschnitte“ vor seiner Reifezeit, ein Stück, dessen hier gespielte Sätze Nr. 3 und 4 so deutlich unter dem Eindruck von Brahms und Dvorak stehen, dass man sie nie Schönberg zuschreiben würde.
Der Komponist selbst hat eindringlich den langen Weg geschildert, der zu diesem ersten Jugendwerk für Streichquartett führte:„Ich kaufte mir antiquarisch einige Partituren von Beethoven mit Geld, das ich mit Deutschunterricht bei einem Griechen verdient hatte; es waren die dritte und die vierte Sinfonie, zwei der Rasumowsky-Quartette und die große Fuge für Streichquartett, op. 133. Von da an besaß ich das Verlangen, Streichquartette zu schreiben. Doch dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung bevor ich Oskar Adler zum Freund gewonnen hatte, der eine große Rolle in meiner Entwicklung spielen sollte… Er unterrichtete mich nicht nur in der Harmonielehre, sondern regte mich auch an, mein Gehör zu üben, um mein Tongedächtnis zu stärken… Als wir Quartette von Mozart und Beethoven spielen wollten, besorgte Adler eine große mit Zithersaiten bespannte Bratsche, die Ton und Umfang eines Cellos hatte. Dies Instrument hatte ich zu spielen. Da ich es nicht besser wusste, tat ich es mit dem Fingersatz der Bratsche. Bald danach kaufte ich ein Cello, und auch dies spielte ich mit dem Fingersatz, mit dem ich Violine, Viola und das Violincello – wie ich es nannte – gespielt hatte. Dies währte eine ganze Zeit, bis Adler von einem wirklichen Cellisten erfuhr, daß der Fingersatz für das Cello anders ist. Den Rest musste ich selbst herausfinden. Natürlich begann ich sogleich Streichquartette zu schreiben.
Inzwischen hatte Meyers Konversationslexikon, das wir als Subskription kauften, den langerhofften Buchstaben S erreicht, was mir ermöglichte unter „Sonate“ zu lernen, wie der erste Satz einer Sonate aufgebaut ist. Zu der Zeit war ich etwa achtzehn Jahre alt, hatte aber keine andere Unterweisung erhalten, als die von Oskar Adler. Meine Kenntnisse konnte ich jedoch erweitern, indem ich das Lexikon mehr und mehr studierte und einige Kompositionsschüler des Wiener Konservatoriums kennenlernte… Zu dieser Zeit waren Mozart, Brahms, Beethoven und Dvorak meine Vorbilder. Trotzdem dauerte es noch mehrere Jahre, bevor ich das Streichquartett in D-dur schreiben konnte, das für eine öffentliche Wiedergabe im Wiener Tonkünstlerverein, ein halbes Jahr nach dem Tode seines Ehrenpräsidenten Johannes Brahms, angenommen wurde. Während dieses Stück stark unter dem Einfluss von Brahms und Dvorak stand, ergab sich eine sehr plötzliche Wendung zu einer mehr ‚fortschrittlichen‘ Schreibweise. Mahler und Strauss waren auf der musikalischen Szene erschienen, und so faszinierend war ihr Auftritt, dass jeder Musiker sofort gezwungen war, Partei zu ergreifen: pro oder contra.“