“De Profundis clamavi “(Aus der Tiefe rufe ich) für Bass, 2 Violinen und Basso continuo
Werkverzeichnisnummer: 2253
Als der junge Bach begann, von Lüneburg aus in die Fußstapfen der norddeutschen Organistenschule zu treten, standen ihm wenige große Namen als leuchtende Vorbilder vor Augen: Dietrich Buxtehude in Lübeck, Jan Adam Reincken in Hamburg, Georg Böhm in Lüneburg und der Buxtehudeschüler Nikolaus Bruhns in Husum.
In Bruhns haben wir jenen Typus des Orgelvirtuosen und Kirchenkomponisten vor Augen, an dem sich Bach in seinem eigenen professionellen Selbstverständnis orientierte.
Da Bruhns außerdem ein virtuoser Geiger war, durchdringen sich in seinen Vokalwerken ähnlich wie bei Bach die reiche Harmonik und Kontrapunktik der deutschen Orgelmusik, ein idiomatischer Streichersatz und eine expressive Singstimmenbehandlung.
In dem Bußpsalm De profundis clamavi ist die Solostimme so virtuos geführt, dass man sie mit dem damals berühmten Bassisten Georg Ferber in Schleswig in Verbindung brachte.
Selten ist der Text des Psalms 130 Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir so abgrundtief depressiv vertont worden wie in dieser latenischen Version mit zwei Violinen und Continuo.
“Aus der Tiefe” steigen die zaghaften Motive der Violinen auf. Der Bass übernimmt sie und spinnt sie in langgezogenen Melismen fort. In raschem Wechsel schließen sich drängende Allegropassagen, lamentohafte Adagioteile und flehentliche Rezitativgebärden an.
Bachs eigene Vertonung dieses Textes in Kantate 131 zeigt unverkennbar Spuren der Beschäftigung mit Bruhns und der überquellenden musikalischen Rhetorik von dessen exorbitanter Bass-Solokantate.