Trio Es-Dur für Klavier, Violine und Violoncello, op. 929
Werkverzeichnisnummer: 2211
1. Allegro
2. Andante con moto
3. Scherzando.Allegro moderato
4. Allegro moderato
Nach Beethovens großen Klaviertrios lag die Gattung für fast zwanzig Jahre in einer Letargie der Mittelmäßigkeit – solange, bis Schubert in seinem Todesjahr 1828 sein Es-Dur-Trio, D 929, im Druck vorlegte. „Wie eine zürnende Himmelserscheinung“ ging es für Schumann über das damalige „Musiktreiben hinweg“. Zeitlebens blieb es für ihn Schuberts „Eigenthümlichstes“, ein Non plus ultra der zeitgenössischen Kammermusik. Gemeinsam mit Beethovens „Erzherzog“- und „Geistertrio“ setzte es den Standard. Noch Mendelssohns d-Moll-Trio begrüßte Schumann mit dem Satz: „Es ist das Meistertrio der Gegenwart, wie es ihrer Zeit die von Beethoven in B und D, das von Franz Schubert in Es waren.“
Das Es-Dur-Trio entstand 1827, im Jahr der Winterreise. Schumann fand es – im Vergleich zu dem lyrischen Schwesterwerk in B-Dur, D 898 – „mehr handelnd, männlich, dramatisch“. Sein erster Satz, Allegro, hat in der Tat ein für Schubert ungewöhnlich knappes und energisches Hauptthema – fast möchte man sagen: ein typischer Beethoven. Ihm tritt ein seltsam schattenhaftes Seitenthema gegenüber, dessen Tanzrhythmus fast jazzartig verschoben wirkt. Schumann hörte aus den beiden Themen „tiefen Zorn und wiederum überschwengliche Sehnsucht“ heraus. Letztere prägt vor allem die Durchführung, die auf dem dritten, gesanglichen Thema des Satzes aufbaut. Das ganze stürmische Allegro wird von dramatischen Kontrasten und Steigerungen bestimmt.
Den zweiten Satz, Andante con moto, umschrieb Schumann als einen „Seufzer, der sich bis zur Herzensangst steigern möchte“. Der Seufzer liegt im melancholischen Mollthema, das zu Beginn vom Cello über eisigen Staccatoakkorden des Klaviers vorgetragen wird. Die Nähe zur Winterreise ist hier nicht zu überhören, zumal das Thema möglicherweise auf ein echtes Lied zurückgeht. Schubert soll es einem schwedischen Volkslied entlehnt haben, das ein damals in Wien gastierender schwedischer Tenor gesungen hatte. Das Thema wird vom Klavier aufgegriffen und von einem zweiten, zunächst freundlicheren in Dur abgelöst. Dessen gemütlicher Gang verkehrt sich jedoch bald in einen wilden Ausbruch. Auch das Hauptthema, das danach wiederkehrt, wird über bebenden Klavierakkorden „bis zur Herzensangst gesteigert“. Nach einem zweiten, ebenfalls tumultösen Durchlauf des Seitenthemas bringt der Schluß noch einmal das Hauptthema; es wird durch neue Harmonien in eine unnachahmliche Geste der Resignation verwandelt.
Das Scherzando wirkt danach spielerisch gelöst. Daß es im Kanon zwischen Klavier und Streichern verläuft, zeugt von Schuberts erst spät erwachtem Interesse an Kontrapunkt-Studien. Das Trio, sonst bei ihm oft ein träumerisches Klangspiel, ist hier eine eher bissige Episode.
Besonders ambitioniert hat Schubert das Finale, Allegro moderato, angelegt – und sich dabei offenbar übernommen. Vor der Veröffentlichung des Werkes strich er aus der Durchführung zweimal 50 Takte; auch ohne sie erreicht der Satz mit knapp 750 Takten eine beachtliche Ausdehung. Seine beiden Themen kontrastieren in Tonart, Charakter und sogar in der Taktakt. Das erste ist ein nonchalanter Tanz in Dur im Sechsachteltakt, das zweite eine unruhig flackernde Tremolomelodie in Moll im geraden Takt. Der Widerstreit der Themen und der ständige Wechsel zwischen geradem und ungeradem Takt verleiht dem Satz einen Schwung, der über seine „himmlischen Längen“ spielend hinwegträgt. Hinzu kommen seine harmonischen Rückungen; so beginnt etwa die Durchführung im entlegenen h-Moll. Die Pointe des Satzes freilich ist die Wiederkehr des Themas aus dem zweiten Satz, der schwedischen Melodie. Sie tritt in Durchführung und Coda jeweils im Cello wieder auf, nun im triolischen Rhythmus und mit einer wundervollen neuen Begleitung. Am Ende des Satzes wird die Melancholie dieser Stelle endlich durch einen kraftvollen Durschluß überwunden, der melancholische Bann über dem Stück gebrochen.