“Bachianas Brasileiras” Nr. 1
Werkverzeichnisnummer: 2169
1. Introduction: Embolada
2. Preludio: Modinha
3. Fugue: Conversa
1887 in Rio de Janeiro geboren, gilt Villa-Lobos als Vater der brasilianischen Musik. Auf einer Viola erlernte er das Cellospiel, die Gitarre während zahlloser gemeinsamer Stunden mit den Straßenmusikanten von Rio, deren Gesellschaft er seiner Bestimmung zum Mediziner vorzog. Nach einem vergeblichen Versuch, in Rio Musiktheorie zu studieren, verdiente er sich sein Geld als Cellist in Cafés und Kinos und blieb kompositorisch Autodidakt. Später stieg er zu einem der gefeiertsten und umstrittensten Künstler Brasiliens auf, verbrachte die Jahre 1923-30 in Paris und wurde in den 40er Jahren zum Begründer des nationalen brasilianischen Musiklebens.
Je nach Art der Zählung hat er 800 bis 2000 Werke geschrieben, unter denen zwei Zyklen im Vordergrund stehen: die Bachianas Brasileiras Nr. 1-7 und die Choros Nr. 1-14. Daneben vermerken die Werklisten 4 Opern, 6 Ballette, 11 Symphonien, 17 Streichquartette etc.
“Die große Stärke seiner Musik ist ihre Spontaneität… Diese Frische kann den gelehrtesten Hörer wie den naivsten überzeugen, sie bringt ihre Wirkung durch Farbe, rhythmische Energie und die pure Schönheit ihrer Melodien hervor, aber vor allem durch ihre magischen Klangfarben, die selbst in Chor- und Kammermusik den Eindruck orchestraler Brillianz erwecken.” (Corrêa de Azevedo)
In den Bachianas Brasileiras hat Villa-Lobos seiner Verehrung für die Musik Johann Sebastian Bachs Ausdruck verliehen. Die bachischen Züge der neun Werke werden jedoch “brasilianisiert”, indem sie sich mit Elementen der Volksmusik Brasiliens verbinden. Dem Komponisten war die Folklore seiner Heimat nicht nur durch sein Musizieren mit den “Choros”, den Straßenbands in Rio, vertraut, sondern auch aufgrund ausführlicher Studien im brasilianischen Urwald.
Die Melodien Brasiliens mit den Formen Bachs zu verbinden, war für Vills-Lobos mehr als ein kapriziöser Einfall, in dem sich persönliche Vorlieben widerspiegelten. Er hatte zwischen beiden Musikformen, so weit sie auch geographisch und historisch auseinanderliegen mochten, strukturelle Gemeinsamkeiten entdeckt, die sich auch in der unkomplizierten Aufnahme von Bachs Werken bei den Straßenmusikern Brasiliens niederschlugen. Diese Affinitäten brachten ihn 1930, nach seiner Rückkehr aus Paris, auf die Idee, Bach und Brasilien gemeinsam einen Zyklus zu widmen.
Er eröffnete ihn mit einem Werk für “Cello-Orchester”, das er 1930 komponierte und 1938 in Rio zur Uraufführung brachte. Die Doppeltitel der drei Sätze zeigen die doppelte “Identität” ihrer Musik an. Die Introduktion, eine Art erstes Präludium, verarbeitet die Melodie eines Volksliedes mit dem Titel Embolada, während das eigentliche Prélude die Form einer bachischen “Aria” annimmt: Ein Solo-Cello spielt zur Begleitung der anderen eine Art Lamento-Thema, eine Modinha. In der abschließenden Fuge stellte Villa-Lobos ein Gespräch (Conversa) zwischen vier Musikern eines “Choro” dar, die in einer Art Wettstreit den Vorrang im Ensemble beanspruchen. Kongenial verbindet sich diese Straßenszene mit der Form einer bachischen Fuge.
2005
HEITOR VILLA-LOBOS
Bachianas Brasilieras Nr. 1
Villa-Lobos eröffnete den Zyklus seiner brasilianischen “Bachiana” mit einem Werk für “Cello-Orchester”, das er 1930 komponierte und 1938 in Rio zur Uraufführung brachte. Die Doppeltitel der drei Sätze zeigen die doppelte Identität ihrer Musik an. Die Introduktion, eine Art erstes Präludium, verarbeitet die Melodie eines Volksliedes mit dem Titel Embolada, während das eigentliche Prélude die Form einer bachischen Aria annimmt: Ein Solo-Cello spielt zur Begleitung der anderen eine Art Lamento-Thema, eine Modinha. In der abschließenden Fuge stellte Villa-Lobos ein Gespräch (Conversa) zwischen den Musikern eines Choro dar, die in einer Art Wettstreit den Vorrang im Ensemble beanspruchen. Kongenial verbindet sich diese brasilianische Straßenszene mit der Form einer bachischen Fuge.
Karl Böhmer