Quartett C-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 54,2
Werkverzeichnisnummer: 2160
1. Vivace
2. Adagio, attacca:
3. Menuetto. Allegretto – Trio
4. Adagio – Presto – Adagio
Die Opuszahlen von Joseph Haydns Streichquartetten, für die sich erst im 19. Jahrhundert ein fester Kanon durchsetzte, erfüllen einen doppelten Nutzen: sie erleichtern die Orientierung in dem umfangreichen Quartettschaffen des Meisters, und sie unterteilen seine stilistische Entwicklung in klare Stationen. So gilt Opus 20 als der große experimentelle Zyklus vor der Entdeckung des „klassischen Stils“, den Haydn in Opus 33 etablierte. Opus 50 zeigt die stärkste monothematische Arbeit, Opus 64 den Einfluß Mozarts, op. 71 eine Tendenz zum Sinfonischen usw. Opus 54 nimmt in dieser Entwicklung eine Außenseiterrolle ein. Zum einen besteht der Zyklus nur aus drei, nicht aus sechs Quartetten, zum anderen sind die Formen der drei Werke so ungewöhnlich, daß man sie als Experimente verstehen muß. Das Quartett C-dur, op. 54, 2, beginnt mit einemVivace in der üblichen Sonatenform, jedoch mit einem völlig neuen Verständnis von deren harmonischen Möglichkeiten. Das erste Thema, das die Grundtonart eigentlich breit ausführen sollte, wird sogleich nach G, As und a versetzt , von Generalpausen wirkungsvoll unterbrochen. Diese harmonischen Überraschungen reißen im Verlauf des Satzes nicht ab. Langsamer Satz und Menuett bilden in dem Quartett eine Einheit: das c-Moll-Adagio endet auf einem Halbschluß, an den sich attaca das Menuett – wiederum mit c-Moll- Trio – anschließt. Am seltsamsten ist das Finale gebaut. Es beginnt mit einer langsamen Einleitung, die es gewissermaßen versäumt, dem Rondo Platz zu machen: sie wird breit ausgesponnen, bevor endlich scheinbar doch das Rondo-Presto einsetzt; am Ende kehrt freilich das Adagio wieder. Das Quartett entstand im Auftrag des Wiener Geigers und „Großhandlungsgremialisten“ Johann Tost, der auch Haydns op. 55 und 64 sowie die beiden letzten Streichquintette Mozarts in Auftrag gab. Wie in all diesen Werken wird auch hier die erste Geige virtuos hervorgehoben: mit Trillerfiguren, Laufwerk und – im Adagio – im Stil alla zingarese.