Sonata Nr. 5 F-Dur für zwei Oboen, Fagott und Basso continuo
Werkverzeichnisnummer: 2148
1. Allegro
2. Adagio
3. Allegro
ZELENKA gehört zu den großen Entdeckungen der Barockmusik. Jene Solistenschar um Heinz Holliger, die vor 30 Jahren mit der Ersteinspielung seiner Sonaten seine Wiederent-deckung einleitete, muss bass erstaunt gewesen sein: Ein solcher Reichtum an Kontrapunkt, eine solche Fülle an Einfällen und extravaganten Modulationen hätte keiner von Triosonaten für Oboen und Bass erwartet. Noch heute sind die Allegrosätze dieser Sonaten für Oboisten eine Herausforderung, die Fagottsoli nur mit Vivaldi zu vergleichen, die Doppelfugen singulär.
Man kann in diesen Stücken Zelenkas Genius bewundern und Spuren seiner böhmischen Musikalität entdecken, man kann sie aber auch als Dokumente für die Kunst der Oboisten am Dresdner Hof verstehen. 1718, vier Jahre vor Zelenka, widmete Telemann seine Kleine Cammer-Musik den Oboisten François le Riche und Franz Richter, “Sr. Königlichen Majestät von Polen und Chur Fürstlichen Durchläucht von Sachsen bestallten Cammer-Musicis.” In der Widmungsvorrede wurde Telemann nicht müde, die “Virtu” und den “Goût, dessen dieselben sich auf der Hautbois zu bedienen pflegen,” zu preisen. Er gesteht, von den Dresdner Oboisten auf “unaussprechliche Arth gerührt worden zu sein”, selbst wenn komplizierte Technik gefordert war wie “weit entfernte Sprünge, bedeckte und unbequeme Töne”, chromatische Gänge. “Die brillirenden Töne, welche von Natur in dieses delikate Instrument geleget sind,” beherrschten le Riche und Richter in gleicher Weise vollkommen.
In Zelenkas Sonaten wird all dies hörbar und auch im Notentext sichtbar. Die minutiöse dynamische Bezeichnung etwa straft die alte Mär von der barocken “Terassendynamik” lügen: die Stücke strotzen vor Crescendi und feinsten Abstufungen. Man spürt, wie sehr diese beiden Oboisten und der Dresdner Solofagottist Ritter Zelenka in ihren Bann zogen. Was er ihnen abverlangte, ist ein Extrem an Ausdauer, technischer Bravour und Differenzierungskunst, doch es scheint, dass er das Niveau von Sonate zu Sonate steigerte. Nr. I ist noch eine klassisch-italienische Sonata, ab Nr. II wird der Ausdruck bizarrer, die Satztechnik komplexer. Zunehmend löst sich das Fagott vom Bass, bis es in den Sonaten V und VI konzerthafte Soli übernimmt. Es liegt ein eigener Reiz darin, diese sukzessive “Überladung” von Sonate zu Sonate zu studieren.
SONATA V in F-Dur ist die einzige dreisätzige des Zyklus. Die Form aus zwei Allegro-Ecksätzen und einem langsamen Mittelsatz erinnert von vornherein an ein Concerto von Vivaldi, und so hat Zelenka die Sonate auch angelegt. Dabei ist neben den beiden Oboe auch das Fagott konzertierend behandelt, und zwar in so virtuoser Weise, dass das Werk zu den dankbarsten Barockstücken für das Instrument gehört.
Wie in einem richtigen italienischen Concerto beginnen die Instrumente mit einem Ritornell im Unisono, das im Lauf des Satze simmer wiederkehrt. Dazwischen sind Solo-Episoden eingeschaltet, die gleich im ersten Fagottsolo in Zweiundreißigstel münden. Das Adagio ist ein echter Quartettsatz der drei Bläser über den gleichmäßigen Achteln des Basso continuo, ein wundervolles Gewebe aus Dissonanzen und Sekund-Seufzern. Die fugierteSchreibweise, die im ersten Allegro der Konzertform weichen musste, hat sich Zelenka für das Finae aufgespart. Hier zeigt er auf virtuoseste Weise, wie man selbst die Synkopen eines tschechischen Volkstanzes in eine chromatische Fuge verwandeln und mit den Passagen des Konzertstils kombinieren kann.