Quintett für Klavier, zwei Violinen, Viola und Violoncello
Werkverzeichnisnummer: 2074
ANTON WEBERN schrieb sein Klavierquintett im Jahre 1907, ein Jahr vor seinem Opus I, der Passacaglia für Orchester. Seit 1904 war Webern Kompositionsschüler von Arnold Schoenberg in Wien, und tatsächlich finden sich auch Eintragungen des berühmten Lehrers im Manuskript des Quintetts. Es erklang erstmals im November 1907 in einem öffentlichen Konzert der Klasse Schoenbergs, in dem sich acht seiner Schüler vorstellten. Die beiden einzigen, die einem anwesenden Kritiker als talentiert auffielen, waren Webern und Alban Berg. Obwohl der Journalist Schoenbergs Klasse als die “hohe Schule der Dissonanz” diffamierte und dem Quintett von Webern “wilde Konfusion” vorwarf, ahnte er doch bereits die große Trias der “Neuen Wiener Schule” voraus.
Während man damals das Quintett als durchaus neuartig empfand, wird heute meist seine Nähe zu Brahms unterstrichen. Tatsächlich bewegt sich das einsätzige Stück genau an der Grenze zwischen früher Moderne und Brahms: “Die bravouröse Behandlung des Klaviers, bestimmte rhythmische Elemente, und die grundsätzliche Rhetorik und Klangauffassung weisen auf diesen deutschen Komponisten hin, doch die besonderen Streichereffekte, wie das tremolo sul ponticello, das die Durchführung eröffnet und beschließt, nehmen in ihrem ätherischen Klang die 5 Sätze für Streichquartett, op. 5, vorweg, die nur wenige Jahre später (1909) komponiert wurden.” (Hans Moldenhauer)
Der große, sehr kontrastreiche Satz in Sonatenform ist übrigens nur das Fragment eines mehrsätzigen Quintettes; denn auf dem Programm des erwähnten Schülerkonzertes war er als “I. Satz” angekündigt. Die anderen drei hat Webern nie geschrieben.