Trio G-Dur für Klavier, Violine und Violoncello, op. 1,2
Werkverzeichnisnummer: 211
1. Adagio – Allegro vivace
2. Largo con espressione
2. Scherzo. Allegro – Trio
4. Finale. Presto
Die Diskussion um Beethovens frühe Werke wird bis heute von der Frage bestimmt, inwieweit sie stilistisch von Mozart und Haydn abhängig seien. Der Meinung eines zeitgenössischen Kritikers, daß der junge Komponist in seinen Klaviertrios, op. 1, noch„in den bekannten Regionen der Mozartschen Musik weilte“ steht die Behauptung des Beethoven-Forschers Jean Witold gegenüber: „Für diese Trios muß man alle althergebrachten Redensarten wie ‚erste Schaffensperiode‘, ‚offenkundiger Einfluß von Haydn und Mozart‘, ‚Gleichgewicht zwischen Form und Persönlichkeit‘ aufgeben; es mag von alldem etwas daran sein, aber das ist alles nebensächlich gegenüber der Tatsache, daß sie unverkennbar die persönliche und ursprüngliche Sprache Beethovens sprechen. „
Versucht man, diese Wertung am G-Dur-Trio, op. 1, 2 zu belegen, so findet man rasch Argumente. Die langsame Einleitung des ersten Satzes mit ihrer rhythmischen Beschleunigung und den extremen Sforzato-Effekten ist ohne Vorbild in der Kammermusik Mozarts oder Haydns; Beethoven hat hier Sinfonisches auf das Medium des Klaviertrios übertragen, dessen Grenzen er damit ganz bewußt erweiterte. Daß das Kopfmotiv des folgenden Allegro vivace aus dem dritten Takt der Einleitung stammt, beweist Beethovens Sinn für „Entwicklung“ ebenso wie die revolutionäre Fragmentierung dieses Motivs in der Schlußgruppe der Exposition. Die lange Durchführung und die selbstbewußte Coda im Sinne einer „zweiten Durchführung“ wurden durch Opus I als obligate Merkmale seines Stils etabliert. Völlig neu im Medium des Klaviertrios war auch die Loslösung des Cellos vom Klavierbaß. Es kann sich frei, teils virtuos, teils kantabel entfalten und vor allem mit der Violine in kontrapunktischen Zusammenhang treten. Im Largo con espressione wird dies besonders schön hörbar. Der Satz entwickelt den typischen langen Atem eines Beethoven-Adagios (in E-Dur!) aus einer haydnesken Siciliano-Melodie heraus. Dabei kommt es mehrmals zu Fortissimohöhepunkten, die sogleich wieder in geheimnisvolles Pianissimo zurückfallen – dynamische Gegensätze, die die Klaviertrios Mozarts und Haydns noch nicht enthielten. Beethovens angeborene Neigung zum Kontrapunkt wird im Scherzo deutlich, das ein charakteristisches h-Moll-Trio enthält. Das Finale ist dann allerdings in seinem Witz Haydn verwandt: die Tonrepetition der Streicher, die sein Hauptthema bestimmt, wird vom Klavier in Wechselnoten, Terzen und Oktaven aufgegriffen; daraus entsteht ein perkussives Spiel mit der Repetition, das den ganzen Satz durchzieht.