Quartett für Klarinette, Violine, Tenorsaxophon und Klavier, op. 22
Werkverzeichnisnummer: 2073
1. Mäßig
2. Äußerst schwungvoll
Weberns Quartett führt in der Literatur allgemein den Namen Saxophonquartett, obwohl es nicht für vier Saxophone geschrieben ist und das Saxophon in dem Werk keine solistische Rolle übernimmt, sondern gleichberechtigt mit den anderen Instrumenten (Klarinette, Violine und Klavier) behandelt ist. In der europäischen Kammermusik des Jahres 1930, in dem Webern das Stück komponierte, war ein Tenorsaxophon freilich noch eine so exotische Farbe, daß man das Quartett nach diesem Instrument benannte. Da sich daran in den 70 Jahren seither nicht eben viel geändert hat, ist das Werk auch heute noch „eine Rarität im Konzertsaal“ (Alfred Beaujean).
Es gehört zu einer Gruppe von Werken aus den Jahren 1928-30, die Webern ursprünglich in drei Sätzen geplant, dann aber nur in zweien ausgeführt hat: das Streichtrio, op. 20, die Symphonie, op. 21, und eben das Quartett. Warum er auf die geplanten dritten Sätze schließlich verzichtete, ist unklar. Im Falle des Quartetts führte die Zweisätzigkeit zur spannungsvollen Antithese zwischen einem ruhigen Kopfsatz und einem stürmischen Finale. Beide Sätze zusammen dauern in der für Webern typischen komprimierten Form kaum länger als 7 Minuten.
Entsprechend komplex sind die Details: im ersten Satz das Spiel mit kleinsten Motiven, die allmählich auf einen knappen dynamischen Höhepunkt zu verdichtet werden und dann wieder abflauen; im zweiten Satz ein „entfesseltes imitatorisches Motivspiel“ (Beaujean), das sich im Mittelteil auf lyrische Weise beruhigt. Es ist für Webern charakteristisch, daß er hier – mitten in einem streng atonalen Stückn – eine Parallele zu Beethovens leichter Klaviersonate op. 14, 2 entdeckte.