Wesendonklieder | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Richard Wagner

Wesendonklieder

Fünf Lieder nach Gedichten von Mathilde Wesendonk

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2055

Satzbezeichnungen

1. Der Engel

2. Stehe still

3. Im Treibhaus

4. Schmerzen

5. Träume

Erläuterungen

So recht im Sinne des Wagnerschen Frauenbildes war die Rolle, die Mathilde Wesendonk im Leben des Künstlers spielte: Gattin seines Gönners Otto Wesendonk und damit Nachbarin der Eheleute Richard und Minna Wagner, die 1857/58 in einem Fachwerkhaus auf dem Züricher Grundstück der Wesendonks “Asyl” suchten, ja mehr noch: Richards Muse und – vielleicht – seine Geliebte. Das Verhältnis zwischen den beiden wurde jedenfalls in den Züricher Monaten so eng, daß Wagners Frau Minna Szenen machte und Otto Wesendonk zu dem Künstler auf Distanz ging. Liest man die fünf Gedichte Mathildes, die Wagner um die Jahreswende 1857/58 vertonte, als Zeugnis für ihre Beziehung, so zeigen sie zunächst eine völlige Hingabe im Künstlerischen. Richard erscheint Mathilde als “Der Engel”, der ihren Geist “himmelwärts führt”; sie nähert sich ihm in den philosophischen Grundlagen ihrer Lyrik, etwa durch die “aus der Mystik ins Buddhistische eingefärbte, Wagner einfallsreich nachempfundene Zeile Allvergessen – Eingedenken” (M. Gregor- Dellin); sie empfängt die Anregungen zu ihrem poetischen Höhenflug aus der schöpferischen Atmosphäre des “Tristan”, zwischen dessen Akten Wagner die Lieder komponiert. Zwei von ihnen, “Im Treibhaus” und “Träume”, nennt er ausdrücklich “Studien zu Tristan und Isolde”. Martin Gregor-Dellin hat in seiner Wagner-Biographie das Entstehungsklima dieser Lieder anschaulich beschrieben: “Wie schön ist Nachbarschaft, wenn sie zum Seelenreigen verklärt wird und die Gesichter in einverständiger Täuschung fast täglich einander begegnen, ob in der Villa hinter den schlanken Säulen des Vorbaus, die hier nichts mehr trugen, oder im Fachwerkbau des Asyls nebenan, wo Mathilde zu Minnas grollendem Gram zielsicher an den unteren Wohngemächern vorbeistrebte in die Komponisten-Etage, um noch an einer Silbe zu arbeiten oder die nächsten sechzehn Takte Unsterblichkeit mit allen Sinnen zu trinken. Wie schön ist der Trugschluß, dies alles könne dauern: er, am Flügel sitzend, rief den irisierenden Klang von Tristan-Harmonien hervor und unterlegte ihn dem Gedicht Träume, und sie blickte dabei aus dem Fenster seines Arbeitszimmers über die Terrasse der Villa mit den Putten nach Süden hinab auf den See… Diese Lieder, von denen nur eines, die Träume, wenige Tage nach der Niederschrift von ihm selbst, die anderen von Felix Mottl instrumentiert wurden, hielten den Tristan-Ton… (sie) ergeben einen Zyklus, dessen Nähe zu den Liedern Gustav Mahlers dem halben Jahrhundert spottet, das zwischen ihnen liegt.”