Etüde Nr. 8 für Gitarre
Werkverzeichnisnummer: 2006
Moderato
Heitor Villa-Lobos, der “Vater der brasilianischen Musik”, hatte sein Gitarrenspiel auf den Straßen Rios gelernt, wo man nicht zimperlich mit dem Instrument umging. Als der Virtuose Segovia seine Bekanntschaft machte, mußte er – nach eigener Aussage – um seine Gitarre fürchten. Villa-Lobos liebte es, im Kreis der Straßenmusikanten zu spielen, mit denen er einmal auch Artur Rubinstein ein Ständchen brachte. Der in Rio Geborene, aus vornehmem Hause stammend, hatte das Straßenleben seiner Bestimmung zum Mediziner vorgezogen. Zwischen 18 und 25 führte er ein unstetes Wanderleben in den entlegensten Teilen Brasiliens, wo er Volksmelodien sammelte, aber auch – nach eigenen Angaben – Kannibalen in die Hände fiel, die ihn nur wegen der Schönheit seines Spiels verschonten. Nach seinem kompositorischen Durchbruch 1915 stieg er bis 1922 (Sinfonie über den 1. Weltkrieg) zu einem der gefeiertsten und umstrittensten Künstler Brasiliens auf. 1923-30 lebte er in Paris, wo seine Musik in Avantgarde-Kreisen zur Sensation wurde; nach der Rückkehr in die Heimat reorganisierte er das brasilianische Musikleben von Grund auf (1942 Gründung des Konservatoriums, 1945 der Musikakademie in Rio). Villa-Lobos war einer der fruchtbarsten Komponisten unseres Jahrhunderts: je nach Art der Zählung schrieb er 800 bis 2000 Werke, von denen die Etüden und Präludien für Gitarre die berühmtesten sind. In ihrer Bedeutung für das Instrument sind sie den Cembalosonaten Scarlattis zu vergleichen.