Trio für Klavier, Violine und Violoncello, „3 Quadri“ (1963)
Werkverzeichnisnummer: 1993
1. Paysage de Claude Lorrain. Con moto
2. Et in arcadia ego. Quieto
3. Der Bauerntanz. Tempo giusto
Der ungarische Komponist SÁNDOR VERESS ist am 6. März diesen Jahres 85jährig in Bern verstorben. In einem Nachruf in der „Neuen Zeitschrift für Musik“ hieß es dazu:
„Sándor Veress … war eine musikalische Vermittlerfigur von Ausnahmerang. Zu verdanken war dies einerseits einer mehrfachen Begabung als Komponist, Musikforscher und Lehrer – und andererseits seinem politischen Schicksal, das den am 1. Februar 1907 im siebenbürgischen Kolosvár (Klausenburg, heute Cluj) geborenen Veress 1949 in die Emigration nach Bern trieb, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. In Bern unterrichtete er so wesensverschiedene Musiker wie Heinz Holliger, Jürg Wyttenbach, Hans Wüthrich, Roland Moser und Urs Peter Schneider. Noch in hohem Alter wirkte er an der Berner Universität als Professor für Musikethnologie und Musik des 20. Jahrhunderts – eine seltene Einheit von praktischer und theoretischer Befähigung.
Gerade die Vielfalt seiner Interessen und Neigungen – Veress hatte als Volksliedforscher in der Tradition von Bartók und Kodály begonnen – scheint der Durchsetzung seines eigenen musikalischen Werkes im Weg gestanden zu haben. Hinzu kam die relativ isolierte Lage des ‚Stützpunkts‘ Bern. So entstanden zwar seit 1931 rund siebzig Werke von schlichten Volksliedbearbeitungen bis hin zu komplexen, frei mit Zwölftontechnik und erweiterter Tonailtät arbeitenden Sinfonien, Klarinetten- und Violinkonzerten. Aber vieles blieb ungedruckt und ungespielt… Jetzt werden Veress‘ bedeutendste Schüler, unter ihnen die Ungarn György Ligeti und György Kurtág, sicherlich Tombeau- und Threnos-Stücke auf ihren großen Lehrer schreiben. Daran, daß der große Melodiker und Rhythmiker Veress durch den Strom der Musikgeschichte an den Rand gespült worden ist, wird sich vermutlich aber nichts mehr ändern.“ (S. Schibli)
Seinem Klaviertrio aus dem Jahre 1963 gab der Komponist den Untertitel 3 Quadri, italienisch für 3 Gemälde. Um welche es sich handelt, gab er in den Überschriften der 3 Sätze an; es sind berühmte Werke des 17. Jahrhunderts.
Der erste Satz beschreibt mit musikalischen Mitteln eine der typischen „Paysages“ (Landschaften) des Claude Lorrain, eine jener Hafenszenen in antikem Dekor, denen der Schein der Sonne ihren typischen melancholischen Zauber verleiht. Für Veress lieferte das Wort „paysage“ das Stichwort für eine in triolischen Rhythmen schwingende Pastorale.
Lorrains berühmtester Kollege, Nicolas Poussin, malte seine Version des Bildthemas „Et in Arcadia ego“: eine Reflexion von Hirten des sagenumwobenen Arkadien, die in der Natur auf einen Sarkophag mit jener Aufschrift stoßen. Veress inspirierte dieses Bild zu einem melancholischen Adagio der langgezogenen, expressiven Melodien.
Der letzte Satz trägt die Überschrift „Bauerntanz“, was sich auf ein beliebtes Bildthema der Niederländischen Genremalerei bezieht, vielleicht aber auch auf ein Gemälde des „Bauernbrueghel“. Wie zu erwarten, zitierte Veress in seiner Vertonung ungarische Volksmelodien und schrieb ein von bartókschen Klängen inspiriertes furioses Finale.
Dur und Moll, die Pole des Mikrodramas in Mozarts Trio, spielen im Schaffen von Sándor Veress kaum eine Rolle. Die Tonsprache dieses ungarischen Komponisten aus der Bartók-Schule, der 1992 starb, setzt zu den Trios von Mozart und Brahms einen zeitgenössischen Kontrast, der zwischen freier Atonalität und ungarischer Volksmusik vermittelt.
Im Nachruf der Neuen Zeitschrift für Musik hieß es 1992 von Veress, er sei „eine musikalische Vermittlerfigur von Ausnahmerang“ gewesen. „Zu verdanken war dies einerseits einer mehrfachen Begabung als Komponist, Musikforscher und Lehrer – und andererseits seinem politischen Schicksal, das den am 1. Februar 1907 im siebenbürgischen Kolosvár (Klausenburg) geborenen Veress 1949 in die Emigration nach Bern trieb, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. In Bern unterrichtete er so wesensverschiedene Musiker wie Heinz Holliger, Jürg Wyttenbach, Hans Wüthrich, Roland Moser und Urs Peter Schneider. Noch in hohem Alter wirkte er an der Berner Universität als Professor für Musikethnologie und Musik des 20. Jahrhunderts – eine seltene Einheit von praktischer und theoretischer Befähigung.“
Veress begann seinen kompositorischen Weg als Volksliedforscher im Gefolge von Bartók und Kodály. Es war der natürliche Ausgangspunkt für alle ungarischen Komponisten seiner Generation, zumal er bei den beiden Großen an der Budapester Akademie studierte. Zeitweilig arbeitete er als Bartóks Assistent bei der Herausgabe von dessen Volkslied-Sammlungen mit. Erste Konzerterfolge in den 1930er-Jahren und Aufenthalte in Rom, London und Amsterdam machten ihn rasch zum bekanntesten ungarischen Musiker der Nach-Bartók-Generation. Als passionierter Lehrer gab er sein Wissen wiederum an die heute bekannten Komponisten der nächsten Generation wie Ligeti und Kurtág weiter. 1950 trat er seine Lebensstellung als Professor am Konservatorium in Bern an.
Man hat Veress als „großen Melodiker und Rhythmiker“ (S. Schibli) bezeichnet. Diese Qualitäten beruhen auf einer an Volkslied und Zwöltonmusik geschulten komplexen Harmonik, die das Hören nicht leicht macht. Andererseits hat er sich von außermusikalischen Assoziationen anregen lassen, was den Zugang über visuelle Eindrücke ermöglicht. So widmete er einzelne Werke etwa der Malerei Paul Klees oder den Landschaften Australiens.
Seinem Klaviertrio von 1963 gab er den Untertitel 3 Quadri (Drei Gemälde). Um welche Bilder es sich handelt, verraten die Überschriften der drei Sätze. Der erste Satz beschreibt eine Paysage (Landschaft) des Barockmalers Claude Lorrain, eine jener Hafenszenen in antikem Dekor, die der Schein der untergehenden Sonne in ein magisches, goldenes Licht taucht. Für Veress lieferte das Wort „paysage“ das Stichwort für eine in triolischen Rhythmen schwingende Pastorale.
Lorrains berühmtester Kollege, Nicolas Poussin, malte ebenfalls im 17. Jahrhundert seine Version des Themas Et in Arcadia ego: Hirten des sagenumwobenen Arkadien reflektieren über den Tod, nachdem sie mitten in der Natur auf einen Sarkophag mit jener Inschrift gestoßen sind. Veress inspirierte dieses Gemälde zu einem melancholischen Adagio der lang gezogenen Melodien.
Der letzte Satz trägt die Überschrift Bauerntanz, was sich auf ein beliebtes Bildthema der Niederländischen Genremalerei bezieht, im Speziellen auf ein Gemälde des „Bauern-Brueghel“. Wie zu erwarten zitierte Veress zu diesem Thema ungarische Volksmelodien und schrieb ein von bartókschen Klängen inspiriertes furioses Finale.