Klaviertrio a-Moll, op. 50 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Pjotr I. Tschaikowsky

Klaviertrio a-Moll, op. 50

Trio a-Moll für Klavier, Violine und Violoncello, op. 50, „A la mémoire d’un grande artiste“

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1974

Satzbezeichnungen

1. Pezzo elegiaco. Adagio con duolo e ben sostenuto

2. A. Tema con variazioni. Tema: Andante con moto

3. Allegro moderato

Erläuterungen

Tschaikowskys Klaviertrio entstand im Winter 1881/82 in Rom. Es ist ein Höhepunkt elegischer Stimmungsmalerei in der romantischen Kammermusik. Den Anlaß zur Komposition hat Tschaikowsky in der pathetischen Widmung À la mémoire d’un grande artiste – „Zur Erinnerung an einen großen Künstler“ – selbst genannt. Der Geehrte war der Pianist Nikolaj Rubinstein, der Gründer des Moskauer Konservatoriums, der Tschaikowsky 1866 an dieses berufen hatte. Im Frühjahr 1881 starb Rubinstein völlig überraschend. Die Beerdingung in der orthodoxen Kirche der Rue Daru in Paris machte einen so erschütternden Eindruck auf Tschaikowsky, daß er sich endlich nach langem Zögern zur Komposition eines Klaviertrios durchrang.

Er hatte diese Gattung lange Zeit kategorisch abgelehnt. So hatte er noch 1880 an seine Gönnerin Nadeschda von Meck geschrieben: „Sie fragen mich, warum ich kein Trio komponiere? Verzeihen Sie, meine liebe Freundin, so gerne würde ich Ihren Wunsch erfüllen, doch das übersteigt meine Kräfte. Wohl infolge der Beschaffenheit meiner Hörorgane vertrage ich die Verbindung von Klavier, Geige und Cello nicht. Mir scheint, daß diese Klangfarben nicht miteinander harmonieren, und ich versichere Ihnen, daß es für mich eine Qual ist, ein Trio oder eine Sonate mit Geige und Cello zu hören. Diese physiologische Tatsache kann ich nicht erklären und stelle sie nur fest… Die melodische Klangfarbe von Geige und Cello mit ihrem wunderbar warmen Timbre tritt in einen Wettbewerb mit dem Klavier – dem König aller Instrumente -, das vergeblich zu beweisen versucht, daß es auch, wie seine Widersacher, singen kann… Ich weiß, daß es viele herrliche Trios gibt; doch als musikalische Form liebe ich das Trio nicht. Deshalb könnte ich für diese Klangkombination keine von echtem Gefühl beseelte Komposition schreiben.“ Die letzte Aussage widerlegte Tschaikowsky ein Jahr später selbst mit dem ebenso monumentalen wie beseelten a-Moll-Trio.

Der Zweck eines Epitaphs für einen „grande artiste“ wird schon in der ungewöhnlichen Form sichtbar: das 45minütige Werk besteht aus nur zwei Sätzen, die in ihrer Ausdehnung unwillkürlich sinfonische Dimensionen annehmen. Im ersten Satz, dem eigentlichen „Elegiestück“ (Pezzo elegiaco), werden – wie im Kopfsatz der Symphonie Pathétique – ein langsamer und ein schneller Gedanke in dramatisch zugespitzter Sonatenform einander gegenübergestellt.

Der zweite Satz besteht aus einem Andante mit zunächst elf Variationen. Variation 12 wird zu einem langen Sonaten-Allegro mit Finalcharakter ausgeweitet (Variazione finale) und geht abschließend in eine ausgedehnte Coda (Andante con moto) über, in der das elegische Kopfthema des Trios wieder aufgegriffen wird. Das Thema der Variationen geht übrigens auf eine gemeinsame Soirée Rubinsteins und Tschaikowskys aus dem Jahr 1873 zurück. Einer alten Überlieferung zufolge soll Tschaikowsky in den Variationen 12 Episoden aus dem Leben Rubinsteins geschildert haben. Welche, ist jedoch bis heute nicht genau bekannt.