Streichquartett G-Dur, op. 18,2 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Ludwig van Beethoven

Streichquartett G-Dur, op. 18,2

Quartett G-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 18,2

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 181

Satzbezeichnungen

1. Allegro

2. Adagio cantabile – Allegro

3. Scherzo. Allegro

4. Allegro molto quasi Presto

Erläuterungen

DAS G-DUR-QUARTETT, op. 18,2, hat Beethoven 1799 skizziert und im folgenden Jahr überarbeitet. Noch stürmischer als im zeitgleich komponierten Septett, op. 20, eroberte er hier gleichsam den Tonraum der Kammermusik neu. Der erste Satz beginnt haydnesk lakonisch: Violinarabeske, Septakkord im punktierten Rhythmus und Kadenzmotiv addieren sich zum Hauptthema, das sofort in Umkehrung wiederholt wird. Sehr rasch verliert dieses Thema seine Unschuld: die so unscheinbare Arabeske der Violine verkehrt sich in einen wilden Absturz. Ebenso weitet sich das zweite Thema, eine Art Volkstanz, durch Staccatoläufe der ersten Violine zum spieltechnischen Parcours. Gefährlich flinke Triolen und die immer wieder aufgegriffene Arabeske wandern im ganzen Satz durch die Stimmen. Sie machen dieses vor Humor strotzende Allegro für die Quartettisten zum gefährlichen Hindernislauf. Nach etlichen kessen Umdeutungen des Materials schließt der Satz so unschuldig, wie er begonnen hat.

AUF DIESEN BURSCHIKOSEN KOPFSATZ folgt eines jener kantablen Adagios, mit denen der frühe Beethoven ein neues Ideal des Sostenuto-Klangs in die Wiener Streicherkammermusik brachte. Mozart hatte seine ernstesten langsamen Sätze als “Andante cantabile” im Dreivierteltakt angelegt (Dissonanzenquartett, Hoffmeisterquartett, D-Dur-Quintett). Beethoven dehnte den Duktus dieses Satztypus zum breiten, feierlichen Adagio. Wie in den Adagios seiner frühen Klaviersonaten wird ein anfangs schlichtes und kompaktes Thema allmählich durch halsbrecherische Ornamentik und weite Lagen bis zu orchestraler Klangfülle gesteigert. In der Mitte dieses großen Spannungsbogens hat Beethoven als ironische Brechung ein flirrendes Allegro eingefügt, ein vorüberhuschendes Piano-Intermezzo aus lauter Dreierbindungen.

DAS SCHERZO ersetzt hier schon, wie in der 1. Sinfonie, das bei Mozart und Haydn noch vorherrschende Menuett. Der Scherzo-Hauptteil beginnt in witziger “durchbrochener Arbeit”, im Rhythmus einer Polonaise und im Piano, weitet sich aber rasch durch rasende Crescendi zum quasi-sinfonischen Scherzo. Dem entspricht das ungeduldig drängende Trio, das schon ganz den Elan des Symphonikers Beethoven atmet. Eben dieses Drängende und Treibende beherrscht auch den Finalsatz, der von der eleganten Gesanglichkeit mozartscher Rondi Abschied nimmt. Hier drängt alles nach vorne: das vom Cello solo vorgestellte Kopfmotiv verwandelt sich nacheinander in ein rauschendes G-Dur-Tutti und ein barbarisch wildes d-Moll-Fortissimo. Die Synkopen im Seitenthema sorgen dafür, dass der nervöse Puls sich gar nicht erst beruhigt. Über Durchführung und Reprise bis zur Coda wird er gleichsam ständig beschleunigt. Dem Zweiviertel-Auftakt des Themas hat Beethoven dabei immer neue Pointen entlockt. Aus der letzten entsteht der rauschende G-Dur-Schluss, der so klingt, als habe man nicht ein Streichquartett, sondern ein Klavierkonzert oder eine Sinfonie gehört. Mit diesen, alle Grenzen aristokratischer Eleganz sprengenden Finali hat Beethoven das Streichquartett ebenso revolutioniert wie er es mit seinen breiten Adagios und Scherzosätzen tat.