Klavierquintett Es-Dur, op. 44 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Robert Schumann

Klavierquintett Es-Dur, op. 44

Quintett Es-Dur für zwei Violinen, Viola, Violoncello und Klavier, op. 44

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1787

Satzbezeichnungen

1. Allegro brillante

2. In Modo d’una Marcia. Un poco largamente

3. Scherzo. Molto vivace

4. Allegro ma non troppo

Erläuterungen

ROBERT SCHUMANN
Klavierquintett Es-Dur, op. 44

Am 8. Januar 1843 erlebte das Leipziger Gewandhaus eine der denkwürdigsten Uraufführungen seiner Geschichte: Robert Schumanns Klavierquintett Es-Dur, op. 44, wurde aus der Taufe gehoben. Seine Frau Clara saß am Klavier, der Konzertmeister des Gewandhausorchesters, Ferdinand David, leitete das mitspielende Streichquartett. Es war das erste Kammermusikwerk mit Klavier, das Schumann öffentlich vorstellte, und das erste, das er veröffentlichte. Es entstand im “Kammermusikjahr” 1842, das in Schumanns Vita auf das Liederjahr 1840 und das sinfonische Jahr 1841 folgte und indem der Komponist außer dem Opus 44 noch seine drei Streichquartette, op. 41, das Klavierquartett, op. 47 und die Fantasiestücke für Klaviertrio, op. 88, geschrieben hat. Opus 44 ist insofern das bedeutendste dieser Werke, als es die Gattung des Klavierquintetts erst eigentlich begründete. Trotz erster Ansätze bei Boccherini, Louis Ferdinand von Preußen, Hummel und Schubert hatten sich weder Besetzung noch Gattungsstil bis zu diesem Zeitpunkt konsolidiert. Erst Schumanns Werk wurde in Besetzung (Klavier und Streichquartett) und Anlage zum Vorbild für alle späteren Klavierquintette (Brahms, Franck, Fauré usw.).

Entstanden war das Klavierquintett in einem schwärmerischen Schaffensrausch im Lauf von nur fünf Tagen jenes Jahres 1842: am 23. September hatte Schumann – laut Haushaltsbuch – den ersten “Anflug zu einem Quintett”, am 28. hatte er es vollständig skizziert, zwischen dem 5. und 7. Oktober folgte die Reinschrift. Clara Schumann notierte in dieser Zeit in ihr Tagebuch: “Die letzte Woche des Septembermonats ist, was unser äußeres Leben betrifft, sehr still hingegangen, umsomehr aber hat mein Robert mit dem Geist gearbeitet! er hat ziemlich ein Quintett vollendet, das mir nach dem, was ich erlauscht, wieder herrlich scheint – ein Werk voll Kraft und Frische!”

Satztechnisch strebte Schumann einen pastosen Mischklang aus Flügel und Streichern an: dicke Klavierakkorde und Streichertremolo mischen sich zu Beginn in orchestraler Weise. Außerdem huldigt das Werk der romantischen Hochkultur im Leipzig der 1840er Jahre, sprich: dem Stilideal Mendelssohns, den auch Schumann abgöttisch verehrte und der an zwei Stellen entscheidend in die Konzeption des Quintetts eingriff. Insofern hatte Franz Liszt durchaus recht, als er 1848 das Schumann-Quintett “leipzigerisch” nannte. Der spöttische Ton dieser Bemerkung löste jedoch – ein halbes Jahr nach Mendelssohns Tod – bei den Schumanns Bestürzung aus. Es kam zum Zerwürfnis zwischen Schumann und Liszt. Die Grenze zwischen jenem “leipzigerischen” Akademismus, den Liszt verspottete, und der tief-innerlichen Klangpoesie Schumanns verläuft genau in der Mitte des Quintetts. Den ersten und zweiten Satz bewunderten Liszt, Wagner und Tschaikowsky, das von Mendelssohn beeinflusste Scherzo und das fugierte Finale war für sie unerträglich.

Im 1.Satz wechseln triumphale Aufschwünge mit zurückgenommenen Passagen ab. Gleich nach dem ersten, feurig-begeisterten Einsatz des Hauptthemas wird die Entwicklung “ins Lyrische umgebogen” (Alfred Beaujean). Auf das schöne Heranlocken des Seitenthemas im Klavier folgt dieses selbst als träumerischer Dialog zwischen Cello und Bratsche, wobei letztere die Motive des Cellos stets umkehrt. Motivische Arbeit bestimmt auch die Durchführung: Ein Viertonmotiv vom Ende des Hauptthemas durchzieht als Klanggrund des Klaviers in rhythmischer Verkleinerung den gesamten Abschnitt. Zu Beginn der Durchführung gleitet der Ausdruck in tragische Tiefen ab, eingeletet von einem Motiv, das im 2. Satz an entscheidender Stelle wiederkehren wird. In der Reprise und Coda freilich setzen sich wieder die drängende Kraft des Hauptthemas (Schumanns Alter ego Florestan) und die schwärmerische Aura des Seitenthemas (sein Gegenpart Eusebius) durch.

Das Adagio, in dem sich für Tschaikowsky, “eine ganze Tragödie” abspielte, beginnt im stockenden Duktus eines Trauermarsches, der von einer zauberhaften C-Dur-Idylle unterbrochen wird. Das tragische Motiv aus dem 1. Satz kündigt Neues an: es ist ein erregter Ausbruch des Klaviers, den Schumann erst nachträglich auf den Rat Mendelssohns hin einfügte. Auf seinem Höhepunkt erscheint über Tremolo das Marschthema wieder, das den Satz auch beschließt.

Das Scherzo überwindet die tiefe Lage des Trauermarsches durch aufstrebende Läufe. Sein Perpetuum mobile wird von zwei Trios gegensätzlichen Charakters unterbrochen, dessen zweites Schumann auf Anraten Mendelssohns austauschte. Das Finale beginnt mit einem Tanzthema in Moll, das melodisch mit dem Trauermarsch verwandt ist. Der zu erwartende “Durchbruch” nach Dur wird am Ende des Satzes zweimal hinauszögert, bevor eine Doppelfuge über das Finalthema und das Hauptthema des ersten Satzes das Quintett auf triumphale Weise beschließt.

2003
ROBERT SCHUMANN
Klavierquintett Es-Dur, op. 44

Schumanns Klavierquintett war das erste Werk seines Kammermusikjahrs 1842, das auf sein Liederjahr 1840 und das sinfonische Jahr 1841 folgte. Für eine ganze Generation von Komponisten wurde es zum romantischen Kammermusikwerk schlechthin. Der erste Satz mit seinem ständigen Wechsel zwischen triumphalen Aufschwüngen und zurückgenommenen Passagen wirkt ebenso unmittelbar romantisch wie der zweite, in dem sich für Tschaikowsky “eine ganze Tragödie” abspielte. Sie beginnt im stockenden Duktus eines Trauermarsches, auf den eine schwärmerische Idylle folgt. In der Mitte steht ein erregter Ausbruch des Klaviers, den Schumann erst nachträglich auf den Rat Mendelssohns hin einfügte. Auf seinem Höhepunkt erscheint über suggestivem Tremolo das Marschthema wieder, das den Satz auch resignierend beschließt.

Das Scherzo ist ein Perpetuum mobile, das von zwei Trios gegensätzlichen Charakters unterbrochen wird. Das Tanzthema des Finales steht in Moll, was am Ende einen Durchbruch nach Dur erwarten lässt. Schumann hat ihn zweimal raffiniert hinausgezögert, um durch eine große Fermate die kontrapunktische Apotheose des Quintetts ankündigen zu können: eine Doppelfuge über das Finalthema und das Thema des ersten Satzes. (Karl Böhmer)

2004

ROBERT SCHUMANN
Klavierquintett Es-Dur, op. 44

Am 8. Januar 1843 erlebte das Leipziger Gewandhaus eine der denkwürdigsten Uraufführungen seiner Geschichte: Robert Schumanns Klavierquintett Es-Dur, op. 44, wurde aus der Taufe gehoben. Seine Frau Clara saß am Klavier, der Konzertmeister des Gewandhausorchesters, Ferdinand David, leitete die Streicher. Es war das erste Kammermusikwerk mit Klavier, das Schumann veröffentlichte. Entstanden war es in einem schwärmerischen Schaffensrausch im Lauf von nur fünf Tagen des Jahres 1842.

Am 23. September hatte Schumann – laut Haushaltsbuch – den ersten “Anflug zu einem Quintett”, am 28. hatte er es vollständig skizziert, zwischen dem 5. und 7. Oktober folgte die Reinschrift. Clara notierte in ihrem Tagebuch: “Die letzte Woche des Septembermonats ist, was unser äußeres Leben betrifft, sehr still hingegangen, umsomehr aber hat mein Robert mit dem Geist gearbeitet! er hat ziemlich ein Quintett vollendet, das mir nach dem, was ich erlauscht, wieder herrlich scheint – ein Werk voll Kraft und Frische!”

Das Quintett war die Krönung von Schumanns “Kammermusikjahr” 1842, das in seiner Vita auf das Liederjahr 1840 und das sinfonische Jahr 1841 folgt und in dem der Komponist außerdem seine drei Streichquartette, das Klavierquartett und die Fantasiestücke für Klaviertrio geschrieben hat.

Das Opus 44 ist insofern das bedeutendste dieser Werke, als es die Gattung des Klavierquintetts erst eigentlich begründete. Trotz erster Ansätze bei Boccherini, Louis Ferdinand von Preußen, Hummel und Schubert hatten sich weder Besetzung noch Gattungsstil bis zu diesem Zeitpunkt konsolidiert. Erst Schumanns Werk wurde in Besetzung (Klavier und Streichquartett) und Anlage zum Vorbild für alle späteren Klavierquintette (Brahms, Franck, Fauré usw.).

Das Werk huldigt der romantischen Hochkultur im Leipzig der 1840er Jahre, sprich: dem Stilideal Mendelssohns, den Schumann abgöttisch verehrte und der an zwei Stellen entscheidend in die Konzeption des Quintetts eingriff. Insofern hatte Franz Liszt durchaus recht, als er 1848 das Schumann-Quintett “leipzigerisch” nannte. Der spöttische Ton dieser Bemerkung löste jedoch – ein halbes Jahr nach Mendelssohns Tod – bei den Schumanns Bestürzung aus. Es kam zum Zerwürfnis mit Liszt.

Im 1.Satz wechseln triumphale Aufschwünge mit zurückgenommenen Passagen ab. Gleich nach dem ersten, feurig-begeisterten Einsatz des Hauptthemas wird die Entwicklung “ins Lyrische umgebogen” (Alfred Beaujean). Auf das schöne Heranlocken des Seiten-themas im Klavier folgt ein träumerischer Dialog zwischen Cello und Bratsche, wobei letztere die Motive des Cellos stets umkehrt. Motivische Arbeit bestimmt auch die Durchführung: Ein Viertonmotiv vom Ende des Hauptthemas durchzieht als Klanggrund des Klaviers in rhythmischer Verkleinerung den gesamten Abschnitt. Zu Beginn der Durchführung gleitet der Ausdruck in tragische Tiefen ab, eingeletet von einem Motiv, das im 2. Satz an entscheidender Stelle wiederkehren wird. In der Reprise und Coda freilich setzen sich wieder die drängende Kraft des Hauptthemas (Schumanns Alter ego Florestan) und die schwärmerische Aura des Seitenthemas (dessen verträumter Gegenpart Eusebius) durch.

Das Adagio, in dem sich für Tschaikowsky, “eine ganze Tragödie” abspielte, beginnt im stockenden Duktus eines Trauermarsches, der von einer zauberhaften C-Dur-Idylle unterbrochen wird. Das tragische Motiv aus dem 1. Satz kündigt Neues an: es ist ein erregter Ausbruch des Klaviers, den Schumann erst nachträglich auf den Rat Mendelssohns hin einfügte. Auf seinem Höhepunkt erscheint über Tremolo das Marschthema wieder, das den Satz auch beschließt.

Das Scherzo überwindet die tiefe Lage des Trauermarsches durch aufstrebende Läufe. Sein Perpetuum mobile wird von zwei Trios gegensätzlichen Charakters unterbrochen, dessen zweites Schumann auf Anraten Mendelssohns austauschte. Das Finale beginnt mit einem Tanz-thema in Moll, das melodisch mit dem Trauermarsch verwandt ist. Der zu erwartende Durchbruch nach Dur wird am Ende des Satzes zweimal hinauszögert, bevor eine Doppelfuge über das Finalthema und das Hauptthema des ersten Satzes das Quintett auf triumphale, “leipzigerische” Weise beschließt.