Concertino | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Erwin Schulhoff

Concertino

Concertino für Flöte, Viola und Kontrabass

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1755

Satzbezeichnungen

1. Andante con moto

2. Furiant. Allegro furioso

3. Andante

4. Rondino. Allegro gaio

Erläuterungen

Der Prager Komponist Erwin Schulhoff wurde ein Opfer der politischen Gegensätze des 20. Jahrhunderts, dessen explosive künstlerische Entwicklung er wie kaum ein zweiter in sich aufsog. 1919 wurde er als junger Pianist in Saarbrücken Dadaist, Anfang der 20er Jahre ein Pionier des Jazz in Deutschland und engagierter Verfechter der Wiener Schule; Mitte der 20er Jahre suchte er den Anschluß an die internationale Avantgarde, in der er als respektabler Komponist galt. Erst in den 30ern vertauschte er die künstlerische mit der politischen Avantgarde und wurde Kommunist. Er schrieb Propagandamusik für die Arbeiterbewegung und nahm die sowjetische Staatsbürgerschaft an. Dieses letztere bewahrte ihn nach der Besetzung Böhmens durch die Deutschen vorübergehend vor der nationalsozialistischen Verfolgung. Erst als alle Verträge zwischen Hitler und Stalin aufgekündigt waren, wurden auch die Sowjetbürger in Osteuropa von den Deutschen in KZs deportiert, vorwiegend nach Wülzburg am Main, wo auch Schulhoff 1941 interniert wurde. Dort starb er 1942 an Lungen-Tuberkulose.

Das Concertino für Flöte, Viola und Kontrabass komponierte Schulhoff 1925, ein Jahr nach seinem internationalen Durchbruch mit den Fünf Stücken für Streichquartett. Beide Werke scheinen verwandt in „ihrer zugänglichen Musiksprache, ihren launigen Tanzrhythmen und dem leichten Sentiment“ (V. Musil).

Im Andante con moto, das zwischen Achter- und Siebenermetrum schwankt, spielen Viola und Kontrabass im Unisono einen ostinaten Baß, über dem die Flöte ihre Fiorituren entfaltet. Im Laufe des Satzes werden die Streicher aktiver, greifen ins motivische Geschehen ein und treiben es auf passionato-Höhepunkte. Der zweite Satz ist ein Furiant, also eine Variante jenes Volkstanzes, den Antonin Dvorak in der Kammermusik hoffähig gemacht hat. Typisch die Fünfachteltakte, die jeweils zu Dreiergruppen zusammengefaßt werden – ein doppelt unregelmäßiges Metrum. Jeder Spieler erhält einmal die melodische Führung, wobei die Flöte durch ein Piccolo ersetzt ist und die Streicher den Klang col legno und pizzicato volkstümlich derb einfärben. Ein zweites Andante steht an dritter Stelle. Sein ruhiger Fluss wird getragen vom ständigen Wechsel zwischen Dreier- und Vierer-Takt. Das Finale wird seinem launischen Titel Rondino und der Tempovorschrift Allegro gaio durch tänzerisches Temperament und überschäumende Spielfreude gerecht.

2005
ERWIN SCHULHOFF
Concertino

Als der Prager Erwin Schulhoff 150 Jahre nach Rosetti seine musikalische Laufbahn begann, hatten sich die Zeiten im Musikland Tschechien fundamental gewandelt. Nun blieben die Söhne des Landes in der Heimat und komponierten auf Dvoraks und Smetanas Spuren national gesinnte Werke auf der Grundlage tschechischer Volksmusik.

Obwohl dies auch Schulhoff tat – in seinem Concertino sind die „slawischen Tänze“ kaum zu überhören -, wurde er als Deutsch-Böhme Opfer nationaler Diskriminierung, die sich nach dem Ende des Habsburgerreichs in der Tschechoslowakei vehement gegen die Deutschstämmigen richtete. Also ging Schulhoff – wie Rosetti und seine Zeitgenossen – gen Westen und durchlebte an der Saar und Elbe alle Höhen und Tiefen der Moderne nach dem Ersten Weltkrieg.

1919 wurde er als junger Pianist in Saarbrücken Dadaist, Anfang der 1920-er Jahre ein Pionier des Jazz in und engagierter Verfechter der Wiener Schule, für deren Musik er in Dresden eine eigene Konzertreihe einrichtete. Mitte der Zwanziger Jahre gelang ihm der Durchbruch in der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik, wo seine Werke neben denen eines Hindemith, Webern oder Strawinsky erklangen. In einer letzten, dezidiert politischen Wendung seiner Ästhetik vertauschte er nach 1930 die künstlerische mit der politischen Avantgarde und wurde Kommunist. Er schrieb Propagandamusik für die Arbeiterbewegung und nahm die sowjetische Staatsbürgerschaft an.

Dieses letztere bewahrte ihn nach der Besetzung Böhmens durch die Deutschen 1939 vorübergehend vor der nationalsozialistischen Verfolgung. Erst als alle Verträge zwischen Hitler und Stalin aufgekündigt waren, wurden auch die Sowjetbürger in Osteuropa von den Deutschen in KZs deportiert, vorwiegend nach Wülzburg am Main, wo auch Schulhoff 1941 interniert wurde. Dort starb er 1942 an Lungen-Tuberkulose.
Das Concertino für Flöte, Viola und Kontrabass entstand 1925, ein Jahr nach seinem Durchbruch mit den Fünf Stücken für Streichquartett. Beide Werke scheinen verwandt in „ihrer zugänglichen Musiksprache, ihren launigen Tanzrhythmen und dem leichten Sentiment“ (V. Musil).

Im Andante con moto, das zwischen Achter- und Siebenermetrum schwankt, spielen Viola und Bass im Unisono einen Ostinato, über dem die Flöte ihre Fiorituren entfaltet. Im Laufe des Satzes werden die Streicher aktiver, greifen ins motivische Geschehen ein und treiben es auf passionato-Höhepunkte. Der zweite Satz ist ein Furiant, eine Variante jenes Volkstanzes, den Dvorak in der Kammermusik hoffähig gemacht hatte. Fünfachteltakte werden hier jeweils zu Dreiergruppen zusammengefasst – ein doppelt unregelmäßiges Metrum. Jeder Spieler erhält einmal die melodische Führung, wobei die Flöte durch ein Piccolo ersetzt ist und die Streicher den Klang col legno und pizzicato volkstümlich derb einfärben. Der ruhige Fluss des dritten Satzes wird getragen vom ständigen Wechsel zwischen Dreier- und Vierertakt. Das Finale wird seinem launischen Titel Rondino und der Tempovorschrift Allegro gaio durch tänzerisches Temperament und überschäumende Spielfreude gerecht.